Die Entstehungsgeschichte der Versöhnungskirche – Aufbruch unter schweren Bedingungen
Ganz anders sind sie damals an die Sache herangegangen, als wir das heute tun würden. Diesen Eindruck gewinnt man unter anderem, wenn man die Bauakten und Protokolle des Presbyteriums liest, die die Entstehungsgeschichte der Versöhnungskirche vor mehr als fünfzig Jahren widerspiegeln. Die damalige Gemeinde Köln-Kalk und die dann später aus ihr hervorgegangene Gemeinde Köln-Rath-Ostheim hatte offenbar ein stark durch das Luthertum geprägtes Verständnis vom Amt des Pfarrers und von der Rolle des Presbyteriums. Jedenfalls scheint es, dass damals Pfarrer Noelle recht stark die Richtung vorgab, in der die Dinge laufen sollten und in manchen Fragen auch recht eigenmächtig agierte oder von der ihm erteilten Handlungsvollmacht der Gemeindeältesten auch tatsächlich Gebrauch machte.
So wird es zumindest aus den Zeugnissen der Entstehungsgeschichte der Versöhnungskirche hier und da deutlich. Lutherisch war die Gemeinde damals also nicht nur dem äußeren Bekenntnis nach, sondern offensichtlich auch im Innern, was das Selbstverständnis von Presbyterium und Pfarrer im Verhältnis zueinander betrifft. Der Pfarrer hatte das Presbyterium geleitet, nicht das Presbyterium den Pfarrer, wie das eher in der reformierten Tradition der Fall ist, wo das Presbyterium die größere Souveränität und die damit verbundene Kontrolle hat. Offenbar hat sich unsere Gemeinde bzw. Gemeindeleitung hier in den letzten 50 Jahren zunehmend in die reformierte Richtung entwickelt, obwohl sie äußerlich nach wie vor das lutherische Bekenntnis hat. Das hängt natürlich an veränderten Rahmenbedingungen und auch an Personen, insbesondere an Pfarrerpersönlichkeiten, die in späteren Jahren mit ihrer eigenen Zugehörigkeit zum Reformierten Bekenntnis die Gemeinde vielleicht mehr geprägt haben als umgekehrt.
Die Kirchenordnung gibt zwar vor, dass das Bekenntnis der Gemeinde zu wahren ist. Aber in oft etwas anders aus. Aber zurück zu der Gestaltung der Versöhnungskirche. Lange vor ihrem Entstehen und der Planung ihrer architektonischen Gestalt gab es bereits Versuche, ein entsprechendes Grundstück für den Bau zu erwerben.
Das Vorhaben, eine Kirche in Rath-Heumar errichten zu wollen, begegnet das erste mal in den Protokollbüchern des Presbyteriums, als unsere Gemeinde noch zur Kirchengemeinde Kalk gehörte. Am 2. Februar 1953, also ganze sechs Jahre vor tatsächlichem Baubeginn, heißt es da unter Punkt 3 „Grundstück Kirche Königsforst“: „Pfr. Noelle gibt einen eingehenden Bericht über die Notwendigkeit und Dringlichkeit des Grundstückkaufes im Königsforst für einen Kirchbau nebst Gemeindehaus. Es handelt sich um ein Gelände zwischen Rösratherstr., Mauspfad, Stachelsweg u. Gröppersgasse. Die Stadt Köln bietet das Gelände zum Preise von 2,50 DM pro qm an. Der Kirchenkreis Köln ist bereit, die Mittel für den Erwerb von ca. 4000 qm Bauland zur Verfügung zu stellen. [Das]Presbyterium beschließt einstimmig, Pfr. Noelle mit den Kaufverhandlungen bei der Stadt Köln zu beauftragen.“[1]
Hier wird die führende, vorantreibende Rolle von Pfarrer Noelle deutlich, der längst überall Erkundigungen und „Zusagen“ eingeholt hatte, bevor er das Presbyterium mit diesem Anliegen konfrontierte. Die Situation, die hier im Hintergrund steht und sich mit den Stichworten „Notwendigkeit und Dringlichkeit“ verbindet, ist klar: In der Nachkriegszeit haben sich auch in Rath-Heumar viele Arbeitssuchende wie vor allem auch Flüchtlinge aus den Ostgebieten (Schlesien, Pommern, Ostpreußen, Westpreußen) angesiedelt, um ihre Existenzen aufzubauen. Damit nahm der evangelische Bevölkerungsanteil erheblich zu. Das steigerte sich innerhalb der 50iger Jahre. Das kleine Gemeindehaus (auch „Betsaal“ genannt) in der Wodanstraße 47, in dem zugleich der Pfarrer seinen Wohnsitz hatte, konnte nicht mehr den vielen Anforderungen der Gemeindearbeit gerecht werden und gerade
[1] Protokollbucheintragungen des Presbyteriums der Ev. Kgm. Kalk: „Verhandlungsniederschriften der Sitzungen vom 6. Oktober 1952 bis 12. September 1957“ unter dem angegeben Datum.