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Gedanken zur Tageslosung Donnerstag 26. März 2020

Ich bekenne meine Schuld, bekümmert bin ich meiner Sünde wegen.
Psalm 38,19

Die Traurigkeit wirkt nach Gottes Willen eine Umkehr zur Seligkeit, die niemanden reut.
2.Korinther 7,10

Nachdem ich mir den Satz aus dem Korintherbrief im griechischen Originaltext angeschaut, etwas umgestellt und anders übersetzt habe als Martin Luther, hakt es bei mir noch ein bisschen mit dem Verstehen. Was wollte der damalige Schreiber seinen Mitchristen in Korinth damit sagen? Und was bedeutet das dann für uns? In dem bekannten Kirchenlied “Danke für diesen guten Morgen”, heißt es in der vierten Strophe: “Danke für manche Traurigkeiten.” Warum sollte man für Traurigkeit danken? Das habe ich mal im Grundschulgottesdienst gefragt und die Kinder geben Antworten, auf die viele von uns so schnell nicht unbedingt  kommen würden: “Momente der Traurigkeit können gut sein, weil man da zum Nachdenken kommt”; “Wenn man mal traurig ist, kann man sich danach wieder richtig freuen”; “Wenn man traurig ist, weil  jemand nicht mehr da ist, merkt man erst richtig wie sehr man jemanden mag”; “wenn man traurig ist, kann man dankbar sein, dass andere Menschen einem was Gutes tun”. Auch jetzt in diesen Zeiten der Corona-Epidemie sind viele Menschen mit ihrer Traurigkeit oder gar mit Depressionen beschäftigt. Aber wir hören, dass diese Traurigkeit nicht nur negativ ist, sondern uns auch zur Besinnung führen kann und zu neuen Wegen und Ufern , vielleicht auch zur Erkenntnis, dass das Leben nichts Selbstverständliches ist und dass es dieses Leben nur einmal gibt und es sehr kostbar ist und entsprechend auch der Umgang mit dem eigenen Leben und dem der Anderen tatsächlich nach bewussterer Gestaltung und auch nach bewusst wahrgenommener Verantwortung fragt. Bei Gott jedenfalls soll die Traurigkeit zu etwas Gutem führen. Und da sehe ich Berührungspunkte oder Gemeinsames mit dem Vers aus den Psalmen: “Ich bekenne meine Schuld, bekümmert bin ich meiner Sünde wegen.” Mal abgesehen davon, dass sich meist die Falschen schuldig bekennen oder fühlen, ist das Bekenntnis zur Sünde im Christentum oft missverständlich oder falsch übermittelt worden. Es dient nicht dazu, in Schuld und damit auch in Traurigkeit zu verharren, sondern Befreiung und Neuorientierung zu erleben. Ebenso wie ein ganzes Volk in Krisenzeiten einen Läuterungsprozess durchmachen und dadurch vorwärts kommen kann, etwa wie Israel damals in der Zeit des Exils oder auch Deutschland in der Zeit nach dem Zusammenbruch des 2. Weltkriegs. Von den Kindern lerne ich: Leid an sich mag zwar sinnlos sein, aber ich kann in den Momenten der Traurigkeit zur Besinnung kommen, Erkenntnisse haben und dadurch viel empfangen, daran wachsen und einen neuen Weg entdecken und ihn auch gehen. (Pfarrer Dr. Gerhard Wenzel)