Danke, Gott, für unser Lied
Unter euch wohne Gnade und Friede von Gott, unserem Ursprung, und von unserem Befreier Jesus Christus.
Liebe Gemeinde, erinnern Sie sich noch an ABBA? oder anders gefragt: Kennt ihr ABBA?
Vier schwedische Frauen und Männer, die ab den 1970ger Jahren lange Zeit mit einem Hit nach dem anderen die Musikwelt beherrschten. Einer davon war „Thank you for the Music“. „Danke für die Musik und für die Lieder, die wir singen“ hieß es da. Agneta, die blonde der beiden Leadsängerinnen, fragte darin: Was wären wir alle ohne das Singen? Wer könnte ohne Lieder leben? Und sie sang davon, dass sie noch vor dem ersten richtigen Wort singen konnte. Gesang als Gabe, für die man dankbar sein sollte. Denn sie ist lebenswichtig.
Um das Singen und Danken und Loben geht es auch in dem von Gott gesandten Traum, in den allerletzten Kapiteln der Bibel. Die meisten von Ihnen kennen ihn als die Offenbarung des Johannes. Darin rottet Gott das Böse endlich aus, damit das Gute endlich gewinnt. Damit die Menschen es richtig und endgültig gut haben ganz nah bei Gott.
Dafür werden ziemlich grausam und gewalt- tätig teuflische Wesen, dunkel-mächtige Tiere und andere Feinde vernichtet. Man hat fast den Eindruck, die ganze Welt wird zerstört von Kräften und Kriegern, die in Gottes Namen kämpfen.
Aber kurz vor dem Ende des Traumes gibt es eine Szene, in der etwas vollkommen anderes passiert:
Das lese ich vor aus der BASISBIBEL. Es spricht Johannes.
Dann sah ich etwas wie ein gläsernes Meer, das mit Feuer vermischt war. Und ich sah alle, die den Sieg errungen haben. Sie haben sich befreit von der Macht des Tieres und seines Standbildes – und ebenso von der Macht der Zahl, die sein Name ergibt.
Sie standen am gläsernen Meer und hatten Leiern Gottes.Sie sangen das Lied des Mose, der ein Diener Gottes war, und das Lied des Lammes:
»Groß und wunderbar sind deine Werke, Herr, Gott, Allmächtiger.
Voller Gerechtigkeit und Wahrheit sind deine Wege, du König über die Völker.
Wer wird vor dir, Herr, keine Ehrfurcht haben und deinen Namen nicht preisen?
Denn du allein bist heilig!
Alle Völker werden kommen und sich vor dir niederwerfen, denn deine gerechten Taten sind offenbar geworden.« (Offb 15. 2-4)
Das gläserne Meer stelle ich mir vor wie einen ruhigen Ozean im Sonnenaufgang. Wenn ganz sanft ein leichter Windhauch über das glasklare Wasser streicht, vom Morgenlicht rötlich-vergoldet. Wenn alles friedlich und ganz neu ist. So wie am Beginn der Schöpfung, als der Geist Gottes über die Wasser schwebte.
An diesem Meer stehen die Menschen, die Jesus nachgefolgt sind. Das sind unvorstellbar viele. Das sagt die Bibel kurz vorher. Wahrscheinlich stehen sie kilometerweit am Ufer dieses Meeres. Sie alle haben Jesus zugehört und Gottes Weisungen beherzigt. Sie konnten sich dadurch den Bedrohungen des Lebens und den Mächten des Bösen widersetzen.
Diese Menschen dürfen die heiligen Leiern spielen, so etwas wie Harfen. Ein großes U aus Holz mit Saiten quer darauf gespannt. Die wurden in der Antike nur bei göttlichen Anbetungen verwendet. Denn genau das passiert hier: dieses Meer im Traum befindet sich vor Gottes Thron, deshalb ist es rein und klar wie Glas. Das Feuer hat alles rein gemacht, würdig für Gottes Gegenwart. Die Menschen dort beten Gott an mit ihrer Musik und ihrem Gesang. Das hört sich sicher ganz wunderbar, ganz himmlisch an.
Und sie preisen Gott mit einem neuen, und gleichzeitig alten Loblied: Sie singen von Gottes früheren Taten, aber auch von der Zukunft. Mose und die Israeliten sangen so ein Lied nach der Flucht durch das Rote Meer, als Gott sie vor den Ägyptern rettete. Und 40 Jahre später sang Mose noch einmal. Davon, wie das Volk Israel in der Wüste zweifelte und murrte und Fehler machte. Wie Gott zwar strafte, aber am Ende alles verzieh und die Menschen bis zum versprochenen Land führte. Auch da lobte Mose Gott – für Rettung, Gerechtigkeit und Gnade.
Das Lied des Lammes, von dem der Traum erzählt, ist das Lied des auferstandenen Jesus Christus. Sein ganzes Leben, seine Worte und seine Taten waren ein Loblied auf Gott. Ein Lied von der Hoffnung auf das zukünftige Reich Gottes, das im Traum bald Wirklichkeit werden wird. Wo alle gläubigen Menschen willkommen sind.
Die Singenden haben erkannt, dass alles wahr werden wird, das Gott den Menschen je versprochen hat. Bei dir, Gott, wird mir nichts mangeln, das wissen sie jetzt. Gott allein ist heilig. Gott ist wunderbar, mächtig, gerecht, weise, ehrlich. Das ist endlich in alle Köpfe, Körper und Seelen hinein gelangt. Jetzt kann endlich Gottes Frieden kommen. So erzählt diese Traumszene.
Singen, um Gott zu danken und zu ehren, das gibt es öfter in der Bibel: z.B. :
- Als Mose singt, führt Miriam mit Gesang die Frauen zum spirituellen Tanz an. ( Ex 15)
- Hanna lässt ihrer Freude in einem Lied ihren Lauf, nachdem sie, nach langem Warten auf ein Kind, Samuel, geboren hat, den sie schon vorher Gott geweiht hatte. (1. Sam 2).
- König David ruft zum Gesang auf, als die Bundeslade zum ersten Mal nach Jerusalem gebracht wird. (1. Chronik 16)
- Die Pilgernden, die zum Zionsberg oder zum Tempel Gottes ziehen, singen Jubellieder.
- Maria von Nazareth singt, als sie mit Jesus schwanger ist. (Lk 1)
- Und „Ehre sei Gott in der Höhe“ singen an Weihnachten die Engel auf dem Feld bei den Hirten (Lk 2)
Warum ist gerade das Singen da so wichtig? Würde einfaches Sprechen nicht auch genügen?
Agneta und ABBA hatten recht: mit dem ersten Atemzug und dem ersten Schrei beginnt unser Leben. Noch vor unserem ersten Wort haben auch wir alle hier schon Töne und Melodien gemacht – gebrabbelt, gegurgelt, gequietscht. Singen gehört ganz grundlegend zum Menschsein.
Im Mittelalter versuchte man, Nonnen den Gesang zu verbieten. Das Verbot war nicht lange erfolgreich.
Im Iran ist Frauen zur Zeit bei harter Strafe das öffentliche Singen verboten. Mutige Frauen singen weiter. Ein erfülltes Leben ist ohne Gesang einfach nicht möglich.
Wenn Menschen gebrechlich werden, können sie sich vielleicht nicht mehr an Namen oder Ereignisse erinnern. Aber die Lieblings-Lieder, die auswendig gelernten, die singen sie mit.
Singen gehört untrennbar zum Menschsein! … und es tut uns gut:
Weil es bestimmte Hormone freisetzt, ist es gut gegen Stress, lockert die Angst, verbessert das Gedächtnis, macht Schmerzen erträglicher und hebt die Laune. Als Stimmungsaufheller ist es besser als Schokolade. Vor allem in schweren Zeiten. Gesang macht froh.
Für die menschliche Gemeinschaft ist das Bindungshormon Oxytocin wichtig. Es erzeugt ein Gefühl von Nähe und deshalb verbindet das Singen uns miteinander. Am Lagerfeuer, im Chor, im Stadion, beim Kirchentag, in vollen Kirchen an Weihnachten, in einsamen Zeiten über ein Telefon. Ich weiß von zwei alleinstehenden älteren Frauen, die im Corona-Lockdown über das Telefon gemeinsam gegen ihre Einsamkeit an – sangen. Und zwar mit einem Lied, das mit den Worten beginnt: Berühre mich Gott, umarme mich Gott, sei um mich bei Nacht und bei Tage. Ihr Lied hat sie mit einander und mit Gott verbunden. Tröstende und tragende Gemeinschaft, die sie seelisch gesund hielt.
Im Singen sind wir Gott näher als in vielen anderen Augenblicken unseres Lebens.
Warum bringt uns unser Gesang Gott nahe?
Vielleicht deshalb: Wenn wir singen, tun wir nichts anders als das, was die ganze Schöpfung tut, wir klingen. Wir klingen und vibrieren mit dem ganzen Körper anstatt starr zu denken und zu grübeln. Und über das Vibrieren können auch gehörlose Menschen an Musik teilnehmen.
Selbst die Erde hat einen Klang. Man kann ihr Tempo, mit der sie sich um sich selbst und durch das Universum dreht, Frequenzen, also Tönen, zuordnen. Wir kennen das aus Filmen, dass ein Pfeil beim Fliegen ein Geräusch macht, oder dass Seile im Wind sirren.
Im Singen verbinden sich Luft bzw. Atem und Körper und unsere Seele. Das hebräische Wort „Nefesch“ bezeichnet im Deutschen die Kehle und auch die Seele. Die Kehle, durch die uns Gott den Lebensatem der Schöpfung eingeblasen hat. Wenn sich die Kehle öffnet, kann die Seele singen. „Du meine Seele singe dem Schöpfer aller Dinge“ das wußte schon Paul Gerhard vor 370 Jahren.
Unser Gesang trägt uns mit Körper und Seele zu Gott, unserem Ursprung.
Unser ganzes Leben können wir als Lied betrachten, ein Lied, das Gott für uns geschrieben, das Gott uns geschenkt hat. Allerdings kann keine und keiner dieses Lied perfekt singen. Oft ist es schwer, die Töne zu treffen, die Gott sich für uns und von uns wünscht. Wenn die Seele belastet ist, kann die Kehle wie zugeschnürt sein. Sorgen, Krankheit, privater Kummer, Entsetzen über die Entwicklungen in der Welt, fehlende Energie für immer neuen Wandel – das hat Einfluss auf die Stimme, auf die Performance. Dann klingt das Leben nicht gut.
Manchmal brauchen wir Motivation von einem oder einer, um nach einer Zeit der Stille, nach seelischen Halsschmerzen, in der nächsten Lebens-Strophe, wieder mitzusingen. Manchmal singen wir selbst aber auch ein Liebeslied, wenn wir uns um andere Menschen kümmern.
Was können wir jetzt mit dem Traum vom Singen anfangen?
Unsere Welt verändert sich ständig, und immer wieder brauchen wir neue Worte, um über die Welt zu sprechen. Immer wieder komponieren und dichten Menschen deshalb neue Lieder, um Gott neu zu danken und neu zu loben. Aber von Mose bis Jesus, von den Psalmen der Bibel über mittelalterliche Gesänge, über die Lieder der Reformation bis zum nächsten neuen Gesangbuch – in allen wurde und wird von den alten Geschichten und Weisheiten und der Freude über Gott gesungen.
Der tragende Grundton Gottes, die göttliche Base Line, blieb und bleibt immer gleich, egal was kommt und kommen wird. „ICH BIN DA“ das sang Gott für Mose und das wird Gott auch in Zukunft für die Menschen singen.
Trotz all dem Furchtbaren und Mühevollen, das uns umgibt:
Gott hat uns durch einen Traum ein Bild geschickt. Es sichert uns zu: Ja, wir sind und bleiben Teil der Schöpfung. Deshalb lässt unser Gott uns niemals allein, sondern erwartet uns ganz nah bei sich. Trotz aller Zweifel und Fehler, aller falschen Töne. Der Gesang am Traum-Meer im großen Chor ist ein Bild dafür, wie tief dann alle Menschen mit einander und mit Gott im großen Frieden verbunden sein werden. Irgendwann wird das so sein.
Dann kommen Altes und Neues, Vergangenheit und Zukunft, Traum und Erfüllung zusammen. Dann ist die Ewigkeit im Reich Gottes schon ganz nah. Dann werden wir – erfüllt von Freude – gemeinsam singen „Danke, Gott, für unser Lied“.
Und der Friede Gottes, den wir nur mit Herz und Seele erfassen können, der mache unsere Stimme fest
und stärke unsere Hoffnung.