David sprach zu Goliat: Du kommst zu mir mit Schwert, Spieß und Sichelschwert, ich aber komme zu dir im Namen des HERRN Zebaoth.
1.Samuel 17,45
So steht nun fest, umgürtet an euren Lenden mit Wahrheit und angetan mit dem Panzer der Gerechtigkeit und beschuht an den Füßen, bereit für das Evangelium des Friedens.
Epheser 6,14-15
Durch eine einseitig antijüdische Lesart bedingt, werden heutzutage nach wie vor das Alte Testament und das Neue Testament als sich widersprechend gelesen, was die Frage des Umgangs mit Rache und Gewalt betrifft. Das sind jedoch künstlich geschaffene Gegensätze. Grundsätzlich braucht es da mehr Lesehilfen, die das Alte Testament in ein besseres Licht stellen und vom Zerrbild als Ermunterung zu Rache und Gewalt wegkommen. Keine Frage, dass dort Gewalt häufig begegnet. Aber damit spiegelt es zunächst nur eine erlebte Realität. Es besagt noch lange nichts über den Umgang mit Gewalt. Ähnlich wie im Neuen Testament gibt es auch dort ganz unterschiedliche Strategien des Umgangs mit erlebter Gewalt. Aber die biblische Hauptlinie finden wir hier, wie sie in den Versen im Buch Samuel und im Epheserbrief gleichermaßen deutlich zum Vorschein kommen.
In der im Buch Samuel erzählten Geschichte, wo der Hirtenknabe David der Übermacht des militärisch kampferfahrenen und als „Riesen“ bezeichneten Goliath gegenübersteht, erfahren wir etwas zum Umgang mit militärischer feindlicher Übermacht und Aggression sowie zum Umgang mit „Hochrüstung“ – in diesem Fall des „Riesen“. Seine Rüstung wird in der Geschichte zunächst ausführlich und malerisch beschrieben. Dem kampfunerfahrenen David ist das von König Saul für den Kampf überreichte Schwert zu schwer und hinderlich. Er lässt es kurzerhand stehen und zieht Goliath nur mit ein paar Steinen in der Tasche und einer kleinen Wurfschleuder entgegen. Das Einzige, was der im Vergleich zu Goliath fast Unbewaffnete sonst noch im Gepäck hatte, war sein starkes Gottvertrauen. Dem übermächtigen Goliath ruft er entgegen: „Du kommst zu mir mit Schwert, Spieß und Sichelschwert, ich aber komme zu dir im Namen des HERRN Zebaoth“. Goliath und die übrigen Philister hätten jeder Zeit umkehren und von ihrem Vorhaben ablassen können. Aber sie wollten nicht. Die Geschichte endet damit, dass David den „Riesen“ Goliath mit einem einzigen gezielt angelegten Steinwurf gegen die Schläfe erledigte. In der Geschichte wird sehr wohl deutlich gemacht, dass dieser Sieg nicht etwa durch eine bessere Waffenausrüstung Davids errungen wurde, sondern durch den Einsatz seines Verstandes, seiner Worte und seines Gottvertrauens, das letztlich siegte. Die Treue zu Gott und das Vertrauen auf Gott wird hier eindeutig militärischer Übermacht und Aufrüstung entgegengestellt. Darauf zielt die ganze Geschichte ab. Hier geht es nicht um religiös überhöhten Größenwahn und die Verherrlichung eigener Gewalt, sondern um die klare Orientierung am Gott Israels und an seinen Geboten, der Frieden gebietet, aber auf der Seite der Angefeindeten steht.
Und genauso verhält sich das im Epheserbrief. Die Gewalt des römischen Militärs war für die Christen der ersten Gemeinden genauso eine alltägliche Erfahrung wie für die Juden und das von den Römern besetzte Israel. So ermutigt der Schreiber zum Umgang mit erfahrener Gewalt seine Mitchristen zu einer Strategie, die die hier eben nachgezeichnete Traditionslinie aufnimmt und deutlich macht, worin unsere Rüstung als Christen besteht: „So steht nun fest, umgürtet an euren Lenden mit Wahrheit und angetan mit dem Panzer der Gerechtigkeit und beschuht an den Füßen, bereit für das Evangelium des Friedens.“ Wir sollen uns ausrüsten und aufrüsten mit Wahrheit, Gerechtigkeit und dem Evangelium des Friedens. Würden wir das beherzigen, würden wir an vielen Orten dieser Welt zur Entdramatisierung von Gewalt beitragen statt zur Eskalation, wie es (gerade auch im Namen der Religionen) so oft geschieht.
„Das Wort (Gottes) sie sollen lassen stahn (stehen lassen)“ hatte damals Martin Luther in seinem Lied „Ein feste Burg ist unser Gott“ getextet, das er vor dem Hintergrund gewaltsamer Unterdrückung der Reformation von Kirche und Gesellschaft den Landesfürsten usw. ans Herz gelegt hatte. Das Wort „wir sind das Volk“ hatte in Deutschland letztlich auch die Mauer und ein Gewaltregime zu Fall gebracht. Die Rückzugsräume der Kirchen waren damals eine wichtige Basis für dieses mutig immer wieder gesprochene Wort. Wird das Wort statt der Gewalt und Hochrüstung auch an anderen Orten seinen Sieg erringen? Zu wünschen wäre es – auch einem Präsidenten der USA, dass er zur Regelung von innenpolitischen Konflikten in Aufnahme jüdisch-christlicher Tradition gute Worte wählt statt die Aufrüstung und Militärgewalt im eigenen Land. (Pfarrer Dr. Gerhard Wenzel)