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Gedanken zur Tageslosung für Donnerstag, 14. Mai 2020

Meint ihr, dass ihr Gott täuschen werdet, wie man einen Menschen täuscht?
Hiob 13,9

Erforscht euch selbst, ob ihr im Glauben steht; prüft euch selbst! Oder erkennt ihr an euch selbst nicht, dass Jesus Christus in euch ist?
2.Korinther 13,5

Was ist das Wichtigste im Glauben, also in einer gläubigen Existenzweise? Die Verse, die beide unterschiedlichen Schriften entstammen, in denen um Gott gestritten wurde, bringen es für mich auf den Punkt: Ehrlichkeit vor sich selbst und vor Gott – sogenannte Authentizität. Menschen neigen grundsätzlich dazu, Lügenfassaden aufzurichten, um sich zu schützen oder heimisch einzurichten. Davor ist niemand von uns ganz gefeit. Das machen vor allem Versagensängste und Ängste vor mangelnder Anerkennung mit uns.

Wenn ich in der Kirche vor einer Trauung oder Taufe denjenigen, die Fürbitten vorbereitet haben, die Funktionsweise des Mikros für ihr Gebet erkläre, um sie gut vorzubereiten, dann gebe ich meist auch den Hinweis: “Und sollten Sie sich im Gebet versprechen, dann sagen Sie nicht “Entschuldigung”, sondern fangen einfach in Ruhe neu an. Oder, wenn Sie vor Rührung weinen müssen, auch dann entschuldigen Sie sich nicht! Vor Gott sind wir alle Stammelnde und niemand muss sich deshalb vor ihm entschuldigen. Da sind wir so wie wir sind.” Da sehe ich dann oft schmunzelnde, zustimmende Gesichter. Ich nehme ihnen in diesen Momenten die Angst und sie spüren, dass sie deshalb auch keine überflüssigen oder unangebrachten Fassaden brauchen. Und genau das ist die Wahrheit, dass die Echtheit unseres Gebetes entscheidend ist.

In der Bibel erzählt das Buch Hiob, benannt nach der gleichnamigen Hauptfigur der Erzählung, von einem Menschen, der großes Leid erfährt, nach und nach nicht nur Haus und Gut durch Unglücke verliert, sondern auch Kinder. Der Name Ijob bedeutet (nach dem Akkadischen) “Wo ist der Vater?” (die bekanntere Namensform “Hiob” entspringt der Übersetzung Martin Luthers) und ist so gesehen sicher bewusst gewählt und wie eine Überschrift  über das Buch zu deuten: Wo ist der himmlische Vater? Wo ist Gott in Anbetracht so viel Leids. Hiob stellt die Frage, warum der Gerechte (der sich definitiv nichts hat zu Schulden kommen lassen) leiden muss und wie sich Gott dazu verhält. Er bricht in eine ehrliche Klage vor Gott aus. Seine Freunde wollen ihn belehren, beruhigen, besänftigen und suchen nach Erklärungen dafür, dass ihm so viel Übel widerfahren sei. Sie mahnen ihn, sich zu mäßigen und sein Klagen vor und gegen Gott zu unterlassen und behaupten, Gott zeige sich damit als gerecht und strafe Hiob für begangene Sünden, die Hiob nur nicht eingestehen wolle. Das macht Hiob nur noch zorniger und entsprechend kann er sagen: “Meint ihr, dass ihr Gott täuschen werdet, wie man einen Menschen täuscht”, denn nicht er bewegt sich in einem Lügengebäude, sondern sie. Hiob ist authentisch mit seinem Klagen und Fragen und Rufen nach Gott. Am Ende des Buches Hiob – und das ist hochinteressant – wird erzählt, wie Gott sich mit Hiob selbst solidarisiert und die Freunde sogar wegen ihrer schlechten Rede über ihn bestrafen will. Aber Hiob leistet Fürsprache für sie und sie bleiben verschont. Ein Segen, dass diese Geschichte in der Bibel ist, die den Zweifel und das Klagen als Teil gläubiger Existenz ernst nimmt und uns ermutigt, vor Gott und uns selbst ehrlich zu bleiben, denn Ehrlichkeit währt auch in diesem Fall / in dieser Beziehung am längsten, wie man am Buch Hiob sieht. am Schluss des Buches ist Hiob mit Gott ausgesöhnt. Und das dokumentiert sich auch darin, dass ihm Töchter nachgeboren werden, die er mit hoffnungsvollen, blumigen Namen benennt.

Über den Glauben und Gott lässt sich schnell und leicht streiten. Er wird gerne als Waffe gegen den Anderen verwendet und dann versteckt man sich hinter einem Bollwerk von Argumenten, die dem Anderen einen falschen Glauben unterstellen. aber in Wirklichkeit geht es doch nur darum, vor Gott und sich selbst im Glauben – sowohl im Zweifeln, als auch im hoffnungsvollen Vertrauen ehrlich und unterwegs zu bleiben. das legt Paulus im 2. Korintherbrief auch den Gemeindemitgliedern und dortigen Gegnern, die ihm und seiner Art von Gott zu reden, den Kampf angesagt hatten, ans Herz. Ich weiß keine bessere Empfehlung als für Sie/Euch und für mich. (Pfarrer Dr. Gerhard Wenzel)