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Predigt am Totensonntag (21.11.2021)

(gehalten von Pfarrer Dr. Gerhard Wenzel in der Versöhnungskirche in Köln-Rath-Heumar)

Die Gnade und der Friede Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit uns allen! Amen

Liebe Schwestern und Brüder in Christus,

einige unter uns heute sind besonders zu diesem Gottesdienst eingeladen worden, weil sie in diesem zurückliegenden Jahr einen Menschen durch Tod verloren haben. Und manche von Euch, die als Angehörige eines Verstorbenen dieser Einladung gefolgt sind, haben sich vielleicht gefragt: Soll ich da wirklich hingehen? Was bringt mir solch ein Gottesdienst? Weckt er nicht lediglich all die negativen Gefühle – die Schmerzen, die Ohnmacht, und die Traurigkeit in mir, die mich auf dem Weg des Sterbens des von mir geliebten Menschen oder bei seinem plötzlichen Tod schon begleitet haben? Kann denn Gott die schmerzliche Lücke füllen, die mit dem Tod des von mir geliebten oder in tiefer Freundschaft verbundenen Menschen entstanden ist? Muss ich nicht letztlich mit meiner Trauer allein fertig werden? Können mich Worte da überhaupt erreichen oder trösten, wenn ich all das wieder vor Augen habe? Ja, meinem geliebten Menschen zu Ehren will ich kommen. Aber wegen mir?

Gedanken und Gefühle, die jeder von uns gut verstehen kann, der selbst einmal erlebt hat, wie das ist, wenn ein geliebter Mensch stirbt und man Abschied nehmen muss. Egal ob es gerade passiert ist oder doch drei Monate her ist oder gar drei Jahre zurück liegt. Ich spüre die Lücke, die Leere, die so schwer zu füllen ist, weil eben der für mich so wichtige Mensch nicht einfach ersetzbar ist, gerade dann nicht, wenn er für mich Teil meines Lebens war und ich das Gefühl habe: es zerreißt mich. Da ist eine Hälfte meiner Seele gegangen und ich muss hier bleiben. Eigentlich ist es so, als wenn ich mit gestorben wäre, aber verdammt bin zum Hier-Bleiben. Menschen, die als Ehepaare sehr intensiv, viele Zeit miteinander gelebt haben, erleben das so und da habe ich einige Menschen vor Augen, die ich im zurückliegenden Jahr begleitet habe oder auch in der Trauergruppe, die ich in unserer Gemeinde gerade mit Bettina Marx gemeinsam anbiete, wo wir trauernden Menschen einen Raum geben für ihre Gefühle und Gedanken, dass sie damit im Gespräch sein können, sich austauchen können und von uns begleitet ein Stück Ermutigung und Hoffnung finden.

Trauer braucht Zeit und Trauer braucht auch Aufmerksamkeit. Vielleicht braucht die eigene Trauer sogar so viel Aufmerksamkeit wie der geliebte Mensch, als der noch lebte, denn es ist ja gerade die Trauer um den Verlust dieser Person und des Miteinanders mit dieser Person.

Da ist ein Teil meiner eigenen Geschichte gegangen, ein Teil meiner Selbst. Es ist als wenn ich mit gestorben wäre, mit in die Grube runtergefahren wäre.

Diese Gedanken finde ich auch in Versen aus Psalm 30 wieder. Es sind aus dem Rückblick gesprochene Worte. Aber gerade in diesem Rückblick benennt der Betroffene noch mal seine große Not, die er erlebt hatte: „Du hast mich aus der Tiefe gezogen. Herr, Du hast meine Seele aus dem Totenreich heraufgebracht und zum Leben zurückgerufen aus der Schar derer, die zur Grube fahren.“

So ist es doch, wenn jemand geht, den ich liebe oder mit dem ich mich besonders verbunden fühle -als wenn ich selbst wie tod wäre. Ich bin wie gelähmt. So vieles in der Welt nehme ich nur noch schemenhaft war. Der Boden ist mir entrissen und der Sinn entschwunden. In den Momenten, wo ich nicht gerade durch Arbeit oder Organisatorisches abgelenkt bin, da falle und falle ich. Ich suche mein Gegenüber oder den guten Vater oder die gute Mutter, aber sie sind so nicht mehr da, wie bisher. Und so bin ich außer mir, bin nicht im Leben, bin wie tot. Mir fehlt der Sinn nach Leben, denn mir fehlt der Sinn im Leben.

Der Beter des Psalms spricht jedoch davon, dass er eben nicht in diesem Totenreich geblieben ist. Er beschreibt Gottes gutes Tun – eine Wandlung: „Du hast mich aus der Tiefe gezogen. Herr, Du hast meine Seele aus dem Totenreich heraufgebracht und zum Leben zurückgerufen aus der Schar derer, die zur Grube fahren.“

Zum Leben zurückgerufen – wir kennen sie die Anrufe oder Sprüche: „Komm schon, nur weil dein Mann jetzt unter der Erde liegt, musst du doch wohl nicht aufhören zu unseren Treffen zu kommen.“ oder „Ach, komm, jetzt fahr’n wir erst mal in Urlaub, dann kommst Du auf andere Gedanken!“ Lieb gemeinte Rufe ins Leben, lieb gemeinte Worte. Aber sie greifen manchmal ins Leere, weil sie zur falschen Zeit kommen und hier und da auch mehr von meinem eigenen Verdrängungswunsch zeugen als von der Bereitschaft den Anderen in seiner Not wirklich zu sehen und zu verstehen.

Dennoch sind sie kostbar – diese Rufe ins Leben. Manchmal brauche ich einen Menschen, der mich zur rechten Zeit an die Hand nimmt. Aber er muss die Tiefe, in der ich bin, sehen und mit mir aushalten wollen. Und je mehr er meine Tiefe sieht, wird er mir zu einer Brücke zum Leben. Irgendwann höre ich auch seinen Ruf und höre ihn vielleicht sogar als Ruf Gottes, weil ich erfahren habe: Gott ist in meine Tiefe gekommen und ist mit mir durch die Tiefe hindurch gegangen.

Gott holt mich nicht aus der Tiefe, er reißt mich nicht aus dem Totenreich, ohne selbst da drin gewesen zu sein. Das geht schlechterdings nicht. Es ist wie bei einem Vater oder einer Mutter. Wenn das Kind verletzt am Boden liegt, dann geht der Vater oder die Mutter in die Tiefe, auf die eigenen Knie, auf den Boden, um es aufzuheben und zu heilen. Anders geht das nicht, auch und gerade bei Gott nicht.

Und so wie ich das als Kind erlebe und mein Vertrauen dadurch wachsen kann, so können wir das auch mit Gott erleben. Manchmal sind andere Menschen für uns dann wie Brücken zum Leben. Es ist gut, wenn sie uns rufen. Ja, aber nicht ohne uns zu hören, ohne unsere Klage zu hören, ohne unser Leid, unsere eigene Begrenztheit und Verletztheit zu wahrzunehmen und ernst zu nehmen. Ich gehe in keinen Club, Verein oder kirchlichen Seniorenkreis oder was auch immer, wenn der Boden nicht bereitet ist, wenn ich mich im wahrsten Sinne des Wortes nicht gleichzeitig „aufgehoben“ fühle.

Als Christen verkaufen wir keine Jesuspille, die alles von jetzt auf gleich wieder gut macht, sondern als Christen müssen wir viel Aufhebens um das Aufheben machen, uns in diese Bewegung Gottes, in diese liebevolle Anstrengung selbst hineinbegeben. Das gehört zur Nachfolge Chrisi und zum Glaubenszeugnis: Andere aufheben, die am Boden liegen und sich zu diesem Zweck nieder beugen.

Klar, der Verlauf meiner Trauer, wie ich also damit zurecht komme, liegt nicht nur an den Anderen, wie sie mit mir umgehen. Es liegt auch an mir als Trauerndem selbst, wie ich mit meiner eigenen Grenzerfahrung selbst umgehe und wo ich da gerade stehe und wo ich hin will und was ich selbst dazu tun kann. Aber dem Psalmbeter geht es nicht um mein eigenes Vermögen und Tun oder Nichttun. Ihm geht es vielmehr um die wunderbare Gotteserfahrung, die er hier beschreibt. Ich komme wieder aus der Tiefe, aus dem Tod heraus zum Leben. Eben diese Erfahrung will er festhalten: Gott lässt mich nicht endlos fallen. Er holt mich – er hebt mich auf und führt mich zum Leben, auch wo ich es vielleicht nicht deutlich sehen konnte.

Genauso wenig wie ich gedacht hätte, dass ich einmal überhaupt so in Not geraten würde, genauso wenig kann ich mir vorstellen, dass Gott mich zum Leben führt, wo ich so vom Tod umgeben bin. Aber er tut es. Gott tut es. Ich komme ans Licht, durch all das hindurch, so spricht es uns der Psalmbeter mit seinen Worten zu. Es braucht seine Zeit. Ich brauche meine Zeit. Und Gott braucht seine Zeit. Er ist kein Blitzheiler und kein Weihnachtsmann. Was mir gut tut, was ich an Leben brauche, das weiß er zwar, aber das muss auch er auf einem langen Weg mit mir gemeinsam erst erproben und erkämpfen. Ein Weg, auf dem ich drohen kann, unterzugehen, aber auf dem ich auch wachsen und erfahren kann, mich von Gott leiten zu lassen.

Am Ende des Psalms 30 heißt es: „Du hast meine Klage in einen Reigen verwandelt, mein Trauerkleid gelöst, mich mit Freude umgürtet, auf dass meine Seele dir lobsinge und nicht schweige.“

„Du hast meine Klage in einen Reigen verwandelt“. Dieser Satz, der für uns alle heute Zuspruch sein soll, der ist es wert, einen Moment bei ihm zu verweilen. Viele kennen das Wort „Reigen“ gar nicht. Vor allem unseren Jugendlichen dürfte dieses Wort eher unbekannt sein. Der Reigen ist ein Tanz. Also mit anderen Worten: „Du verwandelst meine Klage in einen Tanz“.

In unserer Trauer verstehen wir uns manchmal gegenseitig nicht richtig, weil wir unterschiedlich trauern. Dann hören wir als Vorwurf: „Wie kannst Du nur einfach so in die Disko gehen? Jetzt, wo Vater gerade mal zwei Monate tod ist?“

Zwei Monate oder zwei Stunden…es geht gar nicht um den Zeitpunkt, sondern darum, dass für den einen laute Musik und Tanzen nichts mit Trauer oder Bewältigung von Trauer zu tun haben, aber für den Anderen hingegen schon. Viele würden sich auch das Tanzen auf einer Hochzeit in Momenten der Trauer selbst verbieten. Aber für ganz viele Menschen ist Musik und Tanzen befreiend. Es ist eben auch eine Möglichkeit, angestaute Wut und lähmende Ohnmacht, die in meiner Trauer da ist, rauszulassen – oft, ohne dass mir das selbst bewusst ist. Und nur, indem ich meine Wut rauslassen kann, finde ich auch in meiner Trauer Frieden und Aussöhnung, Ruhe.

Und dann hat dieser Vers aber noch eine weitere und vielleicht viel wichtigere Botschaft. Es ist nicht nur irgendein Tanzen, das hier angesprochen ist. Sondern es ist darüber hinaus ein besonderes Tanzen. Es ist nicht umsonst die Rede von einem „Reigen“. Also nochmal – da dieses Wort so unbekannt geworden ist: was ist das konkret für ein Tanz?

Die Senioren, die sich samstags morgens vor Corona immer zum Tanzkurs im Gemeindezentrum getroffen haben – die könnten uns das jetzt beantworten und vortanzen. Ein Reigen ist ein Kreistanz. Ein Reigen ist ein Gruppentanz. Mit anderen Worten: Hier ist etwas ganz Wesentliches, Kostbares, Ermutigendes gesagt: „Du verwandelst meine Klage in einen Kreistanz“ – das bedeutet doch: Gott, Du führst mich mit meiner Klage und durch meine Klage hindurch wieder der Gemeinschaft zu. Du lässt mich nicht allein, auf mich selbst gestellt. Darum geht es. Ich werde der Gemeinschaft neu zugeführt. Die Gemeinschaft, die mir fehlt, die mir entrissen ist und wie Sinnentleerung ist, die soll aufhören. Meine Geliebten bekomme ich nicht zurück. Aber in meiner Einsamkeit, in meiner Trauer, in meiner Klage erfahre ich von Gott her neue Gemeinschaft.

Das ist auch der Grund, weshalb die Senioren bei uns samstagsmorgens tanzen. Manche von ihnen verbindet, dass sie ihren Mann oder ihre Frau durch Tod verloren haben. Es tut gut, sich an den Händen zu fassen, wenn der Partner fehlt, der das sonst tat. Es tut gut, sich gemeinsam im Kreise zu drehen, wo sich sonst nur die Gedanken immerzu im eigenen Kopf drehen und kreisen.

Gemeinschaft, neu zum Leben kommen – ich brauche die Anderen. Und Gott wird mir neues Leben schenken. Das hat auch meine Tante so erfahren. Die hat im Alter von etwa 39 Jahren ihren Mann von heut auf Morgen durch Verkehrsunfall verloren. Ein tiefer Schmerz und dann auch noch kinderlos. Das war nicht leicht zu überwinden. Nach vielen Jahren entdeckte sie das Tanzen, weil jemand zu ihr sagte: „Komm doch mal mit“ – ein Lockruf ins Leben. Später tanzte sie dann in drei Tanzgruppen mit und konnte davon gar nicht genug bekommen. Weshalb ich das erzähle? Meine Tante war äußerst kirchenkritisch. Mit Gott wollte sie nicht sonderlich viel zu tun haben, denn der Schmerz, den der Verlust ihres Mannes bedeutete, den konnte sie nicht leicht verwinden. Da war sicher Manches an Bitterkeit, Wut und Zorn, wenn auch versteckt.

Was ist passiert? Alles hat sich gelöst. „Du löst mir das Trauerkleid“ so heißt es im Text. Sie hat alles hinweggetanzt – die ganze Wut – und die Freude ist wieder gewachsen. Das Besondere aber ist: Einer der drei Tanzkreise, zu dem sie sich später zugesellte, findet in der Kirchengemeinde statt. Sie hat sich auf Umwegen mit ihrer Wut und mit Gott so ausgesöhnt, dass sie heute mehr bei der Kirche ist als zuhause. Sie engagiert sich für und mit den Senioren, backt unzählige Kuchen und packt immer mit an, wenn etwas zu tun ist. Sie hat den Reigentanz, sie hat Gemeinschaft in der Kirche erfahren, nachdem sie so lang allein mit sich selbst und ihrer Wut war. Viele verbinden Kirche heute nur mit Skandalen und sie treten massenweise aus. Ich verbinde Kirche mit Sandalen. Jawohl, mit Sandalen. Richtig gehört! Denn es gibt nach wie vor Menschen in unseren Gemeinden, die unterwegs sind in den Fußstapfen Jesu und der ist bekanntlich oder wahrscheinlich mit Sandalen unterwegs gewesen, ewig gewandert mit seinen Jüngern zu den Menschen hin und überall da, wo Not und Gemeinschaft gut tat. Das ist Kirche, nicht das, was Medien oder ein paar fehlgeleitete Kirchenleitende daraus gerne machen wollen.

Ein anderes Beispiel möchte ich gerne benennen, das uns ebenso Mut und Zuversicht geben kann. „Du verwandelst meine Klage in einen Reigen“ – wer die Klage hört und zulässt, der stiftet in dem Moment schon Gemeinschaft. Innerhalb der Familien und innerhalb der Freundeskreise ist das wertvoll, wenn das gelingt. Aber auch konkret in unserer Gemeinde kann das gelingen, ja und es kann auch über das reine Zuhören hinausgehen. Manchmal ist Engagement darüber hinaus gefordert, was die Frage der Gemeinschaft betrifft. Es ist jetzt schon Jahre her, da erzählte mir die Ehefrau des Mannes, den ich damals beerdigt hatte, sie könnte das jetzt nicht mehr länger aushalten, sie habe keine Kraft, sie fühle sich überfordert. Ihre Tochter machte eine Ausbildung und der Sohn der alleinerziehenden Tochter, also ihr Enkel musste versorgt werden. Gleichzeitig musste sie selbst aber den Betrieb des Mannes weiterleiten. „Ich brauche unbedingt einen Platz im Kindergarten. Gibt es da keine Möglichkeiten?“

Es war schwierig, denn die Plätze waren rar. Aber der kleine Enkel ist aufgenommen worden. In der KITA machte er bei allem munter und fröhlich mit, vor allem bei den Kreistänzen. Das machen Kinder ja besonders gern. Und jedes mal, als ich in die KITA kam und der damals kleine Philipp mich anlachte und sagte: „Hallo, Herr Wenzel!“, dachte ich dann: Es gibt das – neues von Gott geschenktes Leben. Es ist eine Wahrheit, dass Gott uns dem Leben neu zuführt, ja, dass er in allen Höhen und Tiefen bei uns ist: „Du verwandelst meine Klage in einen Reigen.“ Später hat Philipp den Konfirmandenunterricht besucht, weil es ihm wichtig geworden ist, konfirmiert zu werden. Mit seinen 16 Jahren war er wesentlich älter als die Anderen, weil er die Anmeldung verpasst hatte. Aber er war trotz des Altersabstandes voll dabei. Und heute macht er seinen Weg als ein aufgeweckter junger Mann.

Ein letzter Gedanke zum Thema, wie Gott uns der Gemeinschaft zuführt oder mit uns in Gemeinschaft verbunden ist. Manche derer, die unter uns sind, haben den Tod ihrer Angehörigen als befreiend und erlösend erlebt, gerade wo die Sterbenden nicht sterben konnten, aber wollten. Die Entwicklung der Medizin, die Leid unnötig verlängert, stellt uns vor neue Probleme. Dabei ist in unserer Gesellschaft die Vorstellung leitend, wir könnten und müssten unser Leben um jeden Preis ewig verlängern.

Die eigene Begrenztheit anzuerkennen, ist heute eine der größten menschlichen Herausforderungen in einer Zeit, die uns grenzenloses Wachsen, grenzenlose Gesundheit und grenzenloses Vermögen vorgaukeln will oder als erstrebenswert verinnerlichen lässt. Spätestens aber der Blick auf Corona oder auch unsere ganz persönlichen Erlebnisse von Krankheit und Sterben dürften uns erneut vor Augen führen, dass wir in Wirklichkeit begrenzte Wesen sind und bleiben. Unsere Begrenztheit ist Kennzeichen unseres Menschseins und nicht etwa unsere Unsterblichkeit.

Aber gerade in unserer Begrenztheit, gerade da, wo wir an unsere Grenzen stoßen, dürfen wir uns von Gott gehalten fühlen, angenommen, geliebt, aufgerichtet, wie es kein Anderer tut. Die eigene Begrenztheit und die der Anderen sehen und gemeinsam annehmen und aushalten, ist darum gerade das, was Gemeinschaft mit Gott und den Menschen schafft. Das ist die Gemeinschaft, die wir in Erfahrungen von Tod und Sterben so dringend brauchen. Gott hat seine eigenen Grenzerfahrungen am Kreuz gemacht, das uns hier vor Augen ist. Darin ist und bleibt er mit uns verbunden. Das ist uns sichtbares Zeichen, dass wir nicht allein sind mit unseren schmerzlichen Grenzerfahrungen – nicht allein bleiben. Selbst da am Kreuz stiftet Jesus Gemeinschaft. Als seien Mutter Maria und der Jünger Johannes am Kreuz standen sagt er: „Johannes, Du sollst für Maria nun ihr Sohn sein. Und Maria, Du sollst für Johannes nun Mutter sein.“ Gott weiß, was wir in unserer Begrenztheit brauchen und er führt uns der Gemeinschaft zu – so dürften es Johannes und Maria erfahren haben. Das dürften auch viele von Euch Trauernden ähnlich erfahren haben, dass Menschen für Euch da waren und sind – sei es die eigenen Kinder, sei es ganz Andere, von denen Ihr das gar nicht erwartet oder geahnt hättet.

Darin begegnet uns Gott. Es ist die Wohltat Gottes, die der Psalmbeter festhalten will, die ihn schließlich zum Lob Gottes führt:

„Du hast meine Klage in einen Reigen verwandelt, mein Trauerkleid gelöst, mich mit Freude umgürtet, auf dass meine Seele dir lobsinge und nicht schweige.“ Amen

„Sollt ich meinem Gott nicht singen, sollt ich ihm nicht dankbar sein?“ so heißt ein bekanntes wunderschönes Lied, das wir nun singen werden, wenn wir schon einen Reigentanz hier in der Kirche durchführen können. EG 325, 1,2,4, 7 („Sollt ich meinem Gott nicht singen?“)