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Predigtreihe “Bäume des Lebens” Teil 1: Gepflanzt an den Wasserbächen

Die Gnade Jesu Christi und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit uns allen. AMEN

Liebe Schwestern und Brüder in Christus,

Haben Sie heute schon bewusst einen Baum in ihren Blick genommen? Mir z.B. ist gestern bei einer Fahrradfahrt aufgefallen, wie sich unser Stadtbild verändert hat jetzt im Sommer, weil viele unserer Stadtbäume am Stamm einen Plastiksack tragen, der sich nach näherer Betrachtung als Bewässerungssack herausstellt. Unsere Bäume sind in Gefahr, Umweltgifte, sinkender Grundwasserspiegel und Klimaveränderungen sind die Gründe dafür.

Die Kölner Grünstiftung fördert das Pflanzen von Bäumen und die Klimagruppe unserer Gemeinde hilft mit Hilfe Ihrer Spenden kräftig mit.

Dabei wissen wir alle: Wir brauchen Bäume. Rund um unsere Kirche stehen viele, und wenngleich Sie einen auch Ärgern, weil z.B. kleine beißende Schädlinge beim Sitzen im Garten stören und sie Arbeit machen, v.a. im Herbst – ich bin unglaublich froh, dass sie da sind.

Bäume gehören zu den stillen Freunden des Menschen. Fest verwurzelt wachsen sie von ihrem Standort aus dem Himmel entgegen. Im Sommer ist es angenehm, sich im Schatten eines Baumes vor der Hitze der Sonne zu schützen. Manche Bäume spenden uns ihre Früchte, die uns mit ihrem Reichtum an Vitaminen und anderen Nährstoffen gesund erhalten. Das Holz des Baumes dient uns als Bau- und Brennmaterial. Und zu guter Letzt filtern ihre Blätter Schadstoffe aus der Luft und reinigen sie damit.

Bäume sind nicht nur nützliche, sondern lebenserhaltende Begleiter des Menschen. Alte Bäume sind Zeitzeugen, haben Jahrhunderte überstanden und Katastrophen überlebt.

In der Bibel werden Bäume zum Symbol für das Leben an sich – für seine blühende Kraft, seine Vergänglichkeit, aber auch für die Hoffnung und letztlich die Ewigkeit.

An vielen Stellen rühmt die Bibel die Lebenskraft der Bäume. Wenn sie an der richtigen Stelle tief in der Erde verwurzelt sind, grünen sie und tragen Früchte. Grüne, voll im Saft stehende Bäume dienen in der Bibel immer wieder als Bild für Menschen, die in ihrem Glauben an Gott fest verwurzelt sind.

Im ersten Psalm heißt es:

1 Wohl dem, der nicht wandelt im Rat der Gottlosen[1] /

noch tritt auf den Weg der Sünder noch sitzt, wo die Spötter sitzen,

2 sondern hat Lust am Gesetz des HERRN und sinnt über seinem Gesetz Tag und Nacht!

3 Der ist wie ein Baum, gepflanzt an den Wasserbächen, /

der seine Frucht bringt zu seiner Zeit, und seine Blätter verwelken nicht. Und was er macht, das gerät wohl.

Dieses Bild greift dem vor, was Jesus später im Johannesevangelium bei der Begegnung mit der Frau am Jaobsbrunnen sagt – nämlich, dass er ihr lebendiges Wasser zu trinken geben könne. Der Geist Gottes, der hier zu Wasser versinnbildlicht wird, spendet dem fest im Glauben verwurzelten Menschen die wichtigste Ressource, die er zum Überleben benötigt.

Im Kolosserbrief bezieht Paulus das auf Jesus: “Wie ein Baum in der Erde, so sollt ihr in Christus fest verwurzelt bleiben, und nur er soll das Fundament eures Lebens sein“ (Kolosser 2,7).

Ein Baum, der am falschen Ort steht oder zu flache Wurzeln ausbildet, reicht nicht an das notwendige Wasser heran und vertrocknet. Ähnlich werden Menschen in der Bibel beschrieben, die ein Leben ohne Gott wählen:

Doch wer sich von Gott losgesagt hat und sein Gesetz ständig missachtet, der kommt um. Jeder, der dem Herrn den Rücken kehrt, läuft ins Verderben (…).

Der Prophet Jeremia – wir haben es in der Lesung gehört – geht sogar soweit, das Leben eines solchen Menschen als verflucht, in biblischem Verständnis also als völlig nutzlos und verfehlt zu bezeichnen.

Beschämt werdet ihr dastehen und einem Baum mit verdorrten Blättern gleichen (Jesaja 1,28-30).

Der Baum verdorrt oder wird von Flammen verschlungen oder ausgerissen. Das Bild variiert, die Aussage ist jedes Mal dieselbe: Ein vertrockneter Baum stirbt. Ebenso ergeht es einem „geistlich vertrockneten“ Menschen. „Früher wart ihr für den Herrn wie ein grünender Ölbaum, der herrliche Früchte bringt“, sagt der Prophet Jeremia zum Volk Israel, nachdem es den Bund mit Gott gebrochen und einem fremden Gott geopfert hat.

„Doch nun höre ich Feuer prasseln: Der Herr hat den Baum angezündet, die Zweige bersten. Ja, der Herr, der allmächtige Gott, hat dich gepflanzt, Israel und Juda, doch nun hat er deinen Untergang beschlossen. Denn du hast seinen Zorn herausgefordert, weil du getan hast, was er verabscheut.“ (Jeremia 11,16-17).

Ein vertrockneter Baum stirbt. Ebenso ergeht es einem „geistlich vertrockneten“ Menschen.

Solche zornigen Vergleiche finden sich an verschiedenen Stellen der Bibel.

Doch immer wieder steht ihnen auch das Bild des Baumes als Hoffnungsspender gegenüber. „Für einen Baum gibt es immer noch Hoffnung, selbst wenn man ihn gefällt hat“, heißt es im Buch Hiob. „Aus seinem Stumpf wachsen frische Triebe nach. Auch wenn seine Wurzeln im Erdreich absterben und der Stumpf langsam im Boden vertrocknet, erwacht er doch zu neuem Leben, sobald er Wasser bekommt“ (Hiob 14,7-9).

Der frische Trieb der Hoffnung wächst dort, wo er lebendiges Wasser erhält.

Unser christlicher Glaube ist ein Hoffnungsglaube.

Christliche Gemeinde ist Hoffnungsgemeinde. Sie lebt in Hoffnung, mit Hoffnung, auf Hoffnung hin.

Allerdings scheint dieser christliche Grundpfeiler „Hoffnung“ zusehends brüchiger zu werden, angesichts der vielgestaltigen Hoffnungslosigkeiten und Problemberge unserer Zeit. Oft drohen Sorgen und Zukunftsängste uns zu erdrücken.

Das Symbol, das Bild des Baumes hilft uns also, auch über unser Leben nachzudenken.
Etwa so: Irgendwann bin ich gepflanzt worden. Denn ich habe mein Leben nicht aus mir selbst, sondern verdanke es einem Anderen, einem, der mich auf den Weg gebracht hat.

Andere wichtige Menschen haben mich gepflegt, haben mich versorgt, hin und wieder auch beschnitten und geformt, damit ich schön wachse. Wo habe ich meine Wurzeln? Wie tief bin ich verwurzelt? Was gibt mir Halt und Stand bei Bedrohungen?

Wie beweglich bin ich? Kann ich mich ausbreiten? Kann ich meine Möglichkeiten und Fähigkeiten entfalten? Welche Stürme fallen über mich her und reißen an mir? Wohin reichen meine Äste und Zweige? Wonach sehne und strecke ich mich?

Was sind die Früchte meines Lebens?

Und am Ende stellt sich vielleicht die Frage: Wie viele Jahresringe wird mein Stamm einmal zählen? Wann werde ich zum letzten Mal meine Blätter abwerfen? Was passiert mit mir, wenn ich nicht mehr da bin, wenn ich morsch werde und umfalle oder gefällt werde?

Ja, eines Tages werde ich einmal ganz vergehen. Es ist der ewige Kreislauf. Wenn ich zu Erde werde, so diene ich wieder anderen Bäumen zum Leben. Und alles beginnt wieder von vorne. Aber so gewiss, wie ein Baum im Frühling neue Triebe, Blüten und Blätter hervorbringt, so gewiss wird alles Leben, das vergeht, immer wieder neu.

Ja, unser Glaube ist, dass Gott am Ende mehr für uns bereithält, als dieses Leben uns bieten kann. Die Bibel verwendet oft das Bild des Baumes, um auszudrücken: Wer auf Gott vertraut, wer auf ihn seine Hoffnung setzt, wer sich in seinem Wort verwurzelt weiß, der ist wie ein immerwährender, blühender und fruchttragender Baum.

Für mich heißt das auch: Wer hofft, der lebt im Bund mit Gott, der erwartet noch etwas von der Zukunft, der hat noch Träume für diese Welt, der gibt sich nicht zufrieden mit den Verhältnissen, die halt so sind.

Wer hofft, der erstickt nicht an den Sorgen der Gegenwart, der lebt mit der Perspektive, dass nicht die Hoffnungslosigkeit das Ende aller Dinge ist.

Wer hofft, pflanzt heute noch ein Bäumchen, auch wenn er wüsste, dass morgen die Welt untergeht. Wer hofft, der verliert nicht den Mut, der hält in sich die Sehnsucht wach, dass es sich lohnt, immer wieder neu anzufangen mit Gott, mit den Mitmenschen, mit sich selbst.

Wer hofft, der ist wie ein Baum, der blüht – er streckt sich dem Licht, dem Leben entgegen und verbindet Erde und Himmel.
Und so heißt es in den Psalmen 1 und 104 „die Bäume des Herrn stehen voll Saft“ und
wer auf Gott vertraut, „der ist wie ein Baum, gepflanzt an den Wasserbächen, der seine Frucht bringt zu seiner Zeit“.

Auf Gott zu vertrauen, gibt Kraft und Mut für das Leben, gibt Zuversicht und Stärke. Wichtig ist, zu sehen, dass der Glaube nicht aus sich allein lebt.

Wir könnten uns immer wieder unsere Erfahrungen gegenseitig berichten – und nicht nur die guten.

Vielleicht so wie auch die Bäume in ein leichtes gemeinsames Rauschen einstimmen bei einem leichten, erfrischenden Wind, aber auch miteinander ächzen, wenn ein Sturm kommt.

Bäume kommunizieren ja tatsächlich über die Kronen bzw. die Wurzeln miteinander!  (nach Peter Wohlfahrt).

Sie bilden regelrechte Netzwerke, sie „sagen“ sich, wenn Gefahr droht z. B. durch ein Unwetter, sie „unterstützen“ sich, sind fähig zu Freundschaften. Sie gleichen Schwächen und Stärken unterirdisch untereinander aus, wer viel hat, gibt viel ab, es gibt so was wie ein Sozialhilfesystem. Denn ihr Wohl hängt von der Gemeinschaft ab. Kommt uns das bekannt vor?

Ja, ich glaube, darauf kommt es auch bei uns an: Dass wir unsere Wurzeln immer wieder nach Gott und seinem Wort ausstrecken, Halt suchen und eben auch einander Halt geben.
So bekommen wir einen festen Stamm, auf dem wir gut stehen können. So können wir
auch Blätter und Früchte tragen, Anderen Schatten spenden und Andere nähren.

Denn erst im Empfangen und Schenken wachsen wir immer mehr und immer wieder auch über uns hinaus. So wie nur viele Bäume gemeinsam einen Wald bilden und so etwas wie eine Klimaanlage für die Umwelt bilden, so auch wir!

Wo wir gemeinsam unterwegs sind, wo wir einander im Blick haben, Netzwerke bilden, die unterstützen, dort, wo wir gut miteinander umgehen, eine Gemeinschaft bilden, die trägt, da ändert sich das Klima auch unter uns, da herrscht ein gutes Klima.
Ja, Menschen und Bäume haben viel miteinander gemeinsam.

Beide müssen gepflegt und geschützt und mit Respekt und mit Liebe behandelt werden. Das heißt, wo wir unsere Bäume bewahren, bewahren wir das Leben, heißt, wo wir das Klima schützen, schützen wir die Menschen, schützen wir uns selbst.
Hoffnung ist wie ein Baum, der blüht.

Dorothee Sölle – ich bin dein baum

Nicht du sollst meine probleme lösen

sondern ich deine, gott der asylsuchenden

nicht du sollst die hungrigen satt machen

sondern ich soll deine kinder behüten

vor dem terror und  krieg und  not

nicht du sollst den flüchtlingen raum geben

sondern ich soll dich aufnehmen

du gott der elenden

Du hast mich geträumt gott

wie ich den aufrechten gang übe

und niederknien lerne vor dir

schöner als ich jetzt bin

glücklicher als ich mich traue

freier als bei uns erlaubt

Hör nicht auf mich zu träumen gott

ich will nicht aufhören mich zu erinnern

dass ich dein baum bin

gepflanzt an den wasserbächen

des lebens

 Und der Friede Gottes, der größer ist als alles was wir denken und begreifen, der bewahre unsere Herzen und alle unsere Sinnen in Christus. AMEN