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Predigt zum 2. Sonntag nach Epiphanias über Joh. 2, 1-11 – Hochzeit zu Kana – von Pfarrerin Andrea Stangenberg

PREDIGT über Johannes 2,1-11
Die Gnade Jesu Christi und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit uns allen. AMEN

Liebe Gemeinde!
Wann waren Sie zuletzt auf eine Hochzeit eingeladen, vielleicht gar im Anschluss an eine kirchliche Trauung?
Trauungen sind in den letzten Jahren seltener geworden, was nicht nur an Corona liegt. Ja, das gibt es noch, dass sich Paare zusammenfinden gleich welcher Geschlechtlichkeit, und es gibt auch noch Hochzeitsfeiern und Trauungen, zumindest bei mir sind schon 2 angemeldet für 2023. Aber Hochzeit feiern, so scheint mir, hat sich in den Jahren ziemlich verändert.
Ohne einen wedding planer kommt kaum noch ein Paar aus. Die Location ist mega-wichtig. Oft wird auch ein Ortspfarrer oder eine Ortspfarrerin gebeten, die Zeremonie an anderen Orten, in besonderen Kirchen und Kapellen oder in der Natur durchzuführen (was mit Presbyteriumsbeschluss und aus seelsorgerlichen Erwägungen durchaus möglich ist). Die Feier wird als solch besonderes Event gesehen, dass wirklich jede Minute durchgestylt ist, jeder Gast sich besonders willkommen fühlen soll, alles schick und edel und nichts dem Zufall überlassen ist.
Dafür ist ein Paar dann auch bereit, Einiges auszugeben.

Zu Jesu Zeiten wurde auch Hochzeit gefeiert, selbstverständlich im orientalischen Stil. Das bedeutet mindestens eine Woche lang Vorbereitungen, Rituale und Feierlichkeiten. Ganze Dorfgemeinschaften, Verwandtschaften von weit her, die hautevole der Stadt, sie alle kommen da zusammen, denn so eine Hochzeit wird auch quasi „am schwarzen Brett“ ausgehängt (eine Tradition, die wir kirchlicherseits übrigens auch noch hatten, als ich junge Pastorin war, und die Trauungen in den Kirchenschaukästen aushingen und der Gemeinde vorab abgekündigt wurden).
Die Feier, von der der Evangelist Johannes berichtet, findet in Kana in Galiläa statt. Dieser Ort wird als Heimatort des Jüngers Nathanael beschrieben, und dass er in der Umgebung Kapernaums und auf einer Erhöhung liegt. Heute ringen zwei Dörfer in etwa 10 km Entfernung von Nazareth um die „Wahrheit“, das damalige Kana gewesen zu sein, in einem davon steht sogar eine im Stil des Salzburger Doms nachempfundene römisch katholische Hochzeitskirche, die an das biblische Event erinnert.
Und ein Event war es wirklich, nicht zuletzt dadurch, dass Jesus daran teilgenommen hat.

Johannes 2,1-11
21Und am dritten Tage war eine Hochzeit zu Kana in Galiläa, und die Mutter Jesu war da. 2Jesus aber und seine Jünger waren auch zur Hochzeit geladen.
3Und als der Wein ausging, spricht die Mutter Jesu zu ihm: Sie haben keinen Wein mehr. 4Jesus spricht zu ihr: Was habe ich mit dir zu schaffen, Frau? Meine Stunde ist noch nicht gekommen. 5Seine Mutter spricht zu den Dienern: Was er euch sagt, das tut. 6Es standen aber dort sechs steinerne Wasserkrüge für die Reinigung nach jüdischer Sitte, und in jeden gingen zwei oder drei Maß.
7Jesus spricht zu ihnen: Füllt die Wasserkrüge mit Wasser! Und sie füllten sie bis obenan. 8Und er spricht zu ihnen: Schöpft nun und bringt’s dem Speisemeister! Und sie brachten’s ihm. 9Als aber der Speisemeister den Wein kostete, der Wasser gewesen war, und nicht wusste, woher er kam – die Diener aber wussten’s, die das Wasser geschöpft hatten –, ruft der Speisemeister den Bräutigam 10und spricht zu ihm: Jedermann gibt zuerst den guten Wein und, wenn sie trunken sind, den geringeren; du aber hast den guten Wein bis jetzt zurückgehalten. 11Das ist das erste Zeichen, das Jesus tat. Es geschah zu Kana in Galiläa, und er offenbarte seine Herrlichkeit. Und seine Jünger glaubten an ihn.

Was für ein Mega-Event. Viele Gäste – Jesus, seine Mutter und seine Jünger gehören auch dazu. Ein großes orientalisches Gelage – sicher ein Essen mit mehreren Gängen, Musik, Tanz, Gesang und viel Wein.
Der tatsächlich dann irgendwann zur Neige geht – vielleicht haben sich die Gastgeber verschätzt oder der Zuspruch war außergewöhnlich gut.
Was dann die ernsthafte Überlegung mit sich zieht, in welchem Zustand die Anwesenden wohl gewesen sind, als Maria ihrem Sohn steckt, dass die Gastgeber Probleme mit der Getränkeversorgung haben. Haben die Menschen überhaupt mitbekommen, dass Jesus seine Mutter rüde zurechtweist, sie mit einem flegelhaften „Gynae“= Frau anspricht?

Das ist aber nicht die einzige Merkwürdigkeit der Geschichte.
Jesus wirkt – so Johannes –ein erstes Zeichen. Eine wundersame Verwandlung von Wasser – welches sich in den Krügen für die rituellen Reinigungen befindet – in den besten Wein ever.
Und das erst ein wenig im Verborgenen, denn das Ganze geschieht im Miteinander von Jesus mit den Bediensteten und dem Speisemeister, also gewissermaßen dem „wedding planer“, welcher erst nach der Verkostung etwas entrüstet zum Bräutigam geht, weil nun final der kostbarste Wein der sicher schon hübsch angeschickerten Gesellschaft serviert wird, und das auch noch aus Wasserkrügen.

Seien wir mal ehrlich – die Geschichte regt zu ungläubigem Kopfschütteln doch geradezu an.
Wie kann Jesus mit seiner Mutter Maria coram publico so umgehen – wo wir alle wissen, welche Mühen diese bis zur Geburt und darüberhinaus ausstehen musste und was ihr noch alles bevorsteht?
Wieso fördert Jesus den starken Alkoholkonsum der Menschen auf der Hochzeitsfeier und stellt zu fortgeschrittenem Zeitpunkt nochmal fast 600 l Wein zur Verfügung?
Und nicht zuletzt – wieso ist er überhaupt dabei: Als Wanderprediger mit seinem Gefolge, als entfernter Verwandter, als Ehrengast? Eine liturgische Aufgabe als Redner oder Zelebrant scheint er jedenfalls nicht gehabt zu haben.

Der Schluss der Geschichte gibt uns dazu Auskunft. „Das ist das erste Zeichen, das Jesus tat. …. Er offenbarte seine Herrlichkeit…. Und seine Jünger glaubten an ihn.“
Die Herrlichkeit Jesu will diese Geschichte deutlich machen, und auf den Glauben der Jünger und der Gemeinde, ist sie aus.
Mit der Herrlichkeit Jesu ist im Johannesevangelium nie irgendeine magische Zauberkraft gemeint. Immer geht es um seinen Sieg im Leiden und Sterben.
Und wenn Johannes vom Glauben spricht, dann meint er nicht das Für-Wahr-Halten von irgendwelchen unwahrscheinlichen Ereignissen, sondern das Festhalten an Jesus, das Bleiben bei dem, was er gesagt und geboten hat. Auch dann, wenn er nicht mehr persönlich unter uns Menschen weilt.
Und wenn man dann noch auf die schnell überhörten Worte „am dritten Tage“ als Zeitangabe für die Hochzeitsfeier achtet, dann will gleich die erste Zeichenhandlung, die der Evangelist berichtet, von Ostern her verstanden werden.

In dieser Hochzeitsgeschichte zu Kana steckt also sehr viel mehr, als man zunächst vermutet.
Dies möchte ich in 5 Gedanken festhalten:
1) Jesus feiert. Wie Du und wie ich auch mal feiern. Er feiert ohne Auftrag, ohne Ziel. Mit seinen Jüngern, unter ganz normalen Menschen, sogar gemeinsam mit seiner Mutter. Das betont seine Menschlichkeit. Er ist einer von uns, der das Leben feiert und nicht den Tod.

2) Jesus weist seine Mutter zurecht. Er ist ungewöhnlich schroff zu ihr. Ich bin sicher, hier unter uns sitzen erfahrene Mütter und erfahrene Söhne oder Kinder. Wir alle wissen – das intergenerative und interfamiliäre Miteinander ist nicht immer so einfach, man könnte auch sagen: es knirscht schon mal. Auch das macht Jesus in meinen Augen menschlich.
Doch auch hier – wenn Johannes Jesus sagen lässt „meine Stunde ist noch nicht gekommen“ dann ist das ein Indiz für eine ganz besondere Stunde, die der Evangelist im Blick hat. Die Stunde des Todes, und was danach kommt. Was dieser Hinweis dann genau in dem Moment bedeutet, als der Wein ausgeht? Das ergibt nur einen Sinn, wenn diese missliche Lage zum Bild wird, wenn die Erfahrung ausgehenden Weins auf nicht erfülltes, leidendes, begrenztes Leben hindeutet und die Fülle, die Jesus schafft, auf ein wunderbares Versprechen auf das, was danach auf uns wartet.

3) Jesus sorgt für uns. Er offenbarte seine Herrlichkeit.
Es gibt wieder Wein. Das Fest kann weitergehen. 600 l besten Wein (das kann man so grob ausrechnen bei der Anzahl von 6 steinernen Wasserkrügen mit je 2 oder drei Maß). Kein Grund sich sinnlos zu betrinken. Aber ein Grund zu staunen, zu genießen, sich zu freuen. Für Jesus und seine Mutter, für alle Gäste und die Gastgeber auf der Hochzeitsfeier.
Und ein Grund, zu glauben! Die Überfülle, die Jesus schafft, ist sein großes Angebot an uns, darauf zu vertrauen, dass das, was unser Glaube an ihn im irdischen und überirdischen Sinne zu bieten hat, übervoll ist. Köstlich, wunderbar, nie endend.

4) Jesus will auch uns an seiner Fülle teilhaben lassen. Es kommt auf uns an.
Manche der Hochzeitsgäste haben etwas davon gemerkt, dass es – sagen wir – eine kleine Verunsicherung oder Störung gab. Es sind die Menschen, die gerne hinter die Dinge schauen, die fragen, die ethisch und menschlich Verantwortung übernehmen wollen. Das sind die, die vielleicht auch einer Weinschorle oder mit gutem Wasser zufrieden gewesen wären. Man will, man soll, man kann doch nicht prassen. Sparen ist die Devise.
Andere Hochzeitsgäste haben die kurze Getränkeknappheit vielleicht auf ein Serviceproblem zurückgeführt oder sich überhaupt in ihrer Feierlaune nicht irritieren lassen. Sie leben ganz im Hier und jetzt, schauen nicht so weit in die Zukunft und schon gar nicht in die jenseits unseres irdischen Daseins. Oder sie sind es gewöhnt immer aus den Vollen zu leben oder sind im Träumen von guten alten Zeiten stecken geblieben.
Es kommt auf uns an. Wir werden Momente des Mangels erleben, Schritte schmerzhafter Einkürzungen und Beschränkungen von Möglichkeiten, die wir mal gehabt haben. Oder vielleicht so tun, als wäre das gar nicht so, als ginge es immer weiter.
Jesus will uns an seiner Fülle teilhaben lassen.
Wir entscheiden, ob wir zu Wasser oder zu Wein greifen.
Wir entscheiden, ob unser Glas, halbvoll oder halbleer ist.
Die eine sagt: es ist halbleer, bald ist nichts mehr da. Nichts mehr wie früher. Nichts mehr von einem wohltuenden Miteinander zu spüren. Nichts mehr mit Zukunft. Und wir wenden uns ab oder müssen uns abwenden.
Der andere sagt: es ist halbvoll. Daraus lässt sich was machen. Die Fülle, die kommt sowieso, weil Jesus es gut mit uns meint. Und wir machen was draus.

5) Was sagt mir die Geschichte, auch hier und heute?
Ich möchte Maria zitieren. Sie sagt den Dienern: „Was er, Jesus, euch sagt, das tut.“
Und ich möchte den Schlussatz der Geschichte von Johannes wiederholen: „Und seine Jünger glaubten an ihn“.
Tun, was zu tun ist. Und glauben. Glauben, dass es gut ist oder wird.
Eine ganz schöne Herausforderung. Für das Jahr 2023, in dem es vermutlich nicht nur Hochzeiten, sondern auch Scheidungen geben wird. Vielleicht sogar mehr als Hochzeiten.
AMEN
Und der Friede Gottes, der größer ist als alles, was wir denken und begreifen, der bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus, unserem Herrn. AMEN