(gehalten von Pfarrer Dr. Gerhard Wenzel am Ostermontag, 18.04.2022 in der Versöhnungskirche in Rath-Heumar)
Gnade und Friede sei mit uns allen von Gott, dem Vater, dem Sohn und dem Heiligen Geist. Amen
Liebe Schwestern und Brüder in Christus, „Wir müssen nur dafür sorgen, dass unsere Körper nach unserem Tod in entsprechenden Kühltruhen gelagert werden, bis eine Zeit gekommen ist, in der die Wissenschaft uns helfen kann“, so heißt es im Kryonik-Kultbuch zur Unsterblichkeit: „Was immer uns heute tötet, sei es das Alter oder eine Krankheit, und auch wenn die Gefriertechniken zur Zeit unseres Todes noch sehr primitiv sein sollten, früher oder später werden unsere Freunde in der Zukunft der Aufgabe gewachsen sein, uns wiederzubeleben und zu heilen.“
Mit diesen programmatischen Sätzen des amerikanischen Physikprofessors und Science Fiction-Fans Robert Ettinger begann 1964 eine Bewegung, deren Anhänger sich Kryoniker nennen; nach „kryos“, dem griechischen Wort für „kalt“. Statt die Toten zu begraben, werden sie oder auch nur ihr Kopf durch Stickstoff eingefroren, um sie eines Tages zum Leben erwecken zu können, sobald es die technischen Möglichkeiten erlauben. Auch um religiöse Begründungen sind die Anhänger dieser Bewegung nicht verlegen. Man müsse ja bereit sein für den jüngsten Tag, an dem nach biblischer Vorstellung die Menschen auferstehen würden.
Auf die biblische Vorstellung von einem jüngsten Tag möchte ich hier gar nicht weiter eingehen. Ich finde vielmehr interessant, welche Vorstellung von Leben nach dem Tod und von Auferstehung bei diesen Kryonikern offensichtlich vorherrscht. Zum einen zeigt sich in all dem natürlich eine ungebremste Fortschrittsgläubigkeit, ja und sogar der menschliche Größenwahn, der Fortschritt oder der Mensch könnte Herr über Leben und Tod sein. Aber wir wissen, dass der medizinische Fortschritt als solcher nicht automatisch eine gute Lebensqualität mit sich bringt. Menschen leben heute im Durchschnitt länger als früher, viele gut und glücklich, aber bei manchen wird durch lebensverlängernde Maßnahmen das Leben danach mehr zur Qual als zuvor. Und bei wieder Anderen ist es mit extremen Veränderungen wie Demenzkrankheiten verbunden.
Die Kryoniker würden uns und sich selbst damit vertrösten, dass das Probleme seien, die irgendwann auch einmal gelöst seien. Und dann sei eben der große Tag, wo all die Eingefrorenen zum Leben auferstehen.
Für mich, liebe Schwestern und Brüder in Christus, ist das eine im wahrsten Sinne des Wortes „Kryos“ – kalte Ideologie, die davon ausgeht, dass das Leben, so wie wir es haben, unverändert und auf immer bewahrt werden könnte und müsste. Diese Vorstellung von Auferstehung ist also eine größtmögliche Verlängerung des Immergleichen. Auferstehung als ewige Verlängerung des Jetztzustandes. Im Denken vieler Menschen, nicht nur in dem der Kryoniker, ist das Auferstehung. Im Grunde ist das aber Tod. Denn die Bewahrung des Immergleichen oder Einfrieren eines Jetztzustandes ist ja Stillstand.
Fakt ist, dass die Vorstellungen und Sehnsüchte der Kryoniker und vieler heutiger Menschen der biblischen Vorstellung von Auferstehung völlig entgegenstehen. In der Bibel wird die Auferstehung gerade nicht als ewige Verlängerung des Jetztzustandes begriffen, was besonders in dem folgenden Gedicht von Kurt Marti über Auferstehung anklingt.
Da heißt es:
Das könnte manchen Herren so passen,
wenn mit dem Tode alles beglichen
die Herrschaft der Herren
die Knechtschaft der Knechte
bestätigt wäre für immer
Das könnte manchen Herren so passen
Wenn sie in Ewigkeit
Herren blieben im teuren Privatgrab
Und ihre Knechte
Knechte in billigen Reihengräbern.
Aber es kommt eine Auferstehung
Die anders, ganz anders wird als wir dachten
Es kommt eine Auferstehung, die ist
Der Aufstand Gottes gegen die Herren
Und gegen den Herrn aller Herren: den Tod.
Kurt Marti trifft den Kern der biblischen Auferstehungsvorstellungen und –hoffnungen. Das Biblische Reden und Erzählen will nicht auf eine ewige Lebensverlängerung und die Bewahrung des Immergleichen aus, sondern auf eine Veränderung und eine Aufrichtung zum Leben von Gott her. Sie stellt nicht die Möglichkeiten des Menschen, seine Sehnsüchte und Wünsche ewiger Jugend, Schönheit und anderer Begehrlichkeiten in den Mittelpunkt, sondern die Perspektive und Möglichkeiten Gottes.
Dass das für unser Menschsein weit hilfreicher, segensreicher und tröstlicher ist, möchte ich gerne in der Auslegung des für den heutigen Sonntag vorgesehenen Predigttextes vertiefen und auch an dem Text noch mal deutlich machen, worauf die biblische Vorstellung von einer Auferstehung eigentlich hinaus will, sicher nicht auf die Wiederbelebung oder Weiterbelebung eines ewigen Gammelfleisches.
Im Markusevangelium Kap. 16, Verse 9-18 heißt es: „Als er aber früh am ersten Tag der Woche auferstanden war, erschein er zuerst der Maria aus Magdala, von der er sieben Dämonen ausgetrieben hatte. Die ging hin und verkündigte es denen, die um ihn gewesen waren und trauerten und weinten. Und als die hörten, dass er lebe und von ihr gesehen worden sei, glaubten sie es nicht.
Darnach offenbarte er sich in anderer Gestalt zweien von ihnen unterwegs, als sie auf ’s Land gingen. Die gingen hin und verkündigten es den übrigen, doch auch ihnen glaubten sie es nicht.
Später offenbarte er sich den Elfen selbst, als sie bei Tische saßen, und tadelte ihren Unglauben und die Härte ihres Herzens, weil sie denen, die ihn nach seiner Auferweckung erkannten, nicht geglaubt hatten. Und er sprach zu ihnen: Gehet hin in alle Welt und prediget das Evangelium allen, die erschaffen sind! Wer gläubig geworden und getauft worden ist, wird gerettet werden; wer aber nicht gläubig geworden ist, wird mit den Konsequenzen leben müsse. Folgende Zeichen werden die Gläubigen begleiten: in meinem Namen werden sie Dämonen austreiben; in neuen Sprachen werden sie sprechen; Schlangen werden sie aufheben und wenn sie etwas Tödliches getrunken haben, wird es ihnen nicht schaden; Kranken werden sie die Hände auflegen und sie werden genesen.“
Liebe Schwestern und Brüder in Christus, das liest sich wie eine Art Zusammenfassung von Auferstehungsgeschichten. Aber das ist nicht einfach geschichtlicher Bericht. Da würde die ein oder andere Kleinigkeit sogar fehlen. Auferstehung, kann man davon überhaupt berichten? Nein kann man nicht. „Bild war wie immer live dabei“, das geht bei der Auferstehung nicht. Da lässt sich auch nichts in Fotos oder Film festhalten, selbst wenn es das damals schon gegeben hätte. Die Auferstehungsgeschichten berichten ja immer wieder davon, wie der Auferstandene sich den Blicken entzieht, entschwindet. Kann man von der Auferstehung berichten? Nein, kann man nicht. Und im Gegensatz zu dem, was viele beim ersten Hören oder Lesen des Markusevangeliums meinen würden, tut das der Schreiber auch nicht. Nirgends geht es um einen Bericht von der Auferstehung Christi. Wir hören zuvor lediglich von einem leeren Grab.
Auf den Punkt gebracht kann man sagen: Beschrieben wird in den Erzählungen nicht das Ereignis der Auferstehung, sondern Begegnungen mit dem Auferstandenen. Und so auch hier am Schluss des Markusevangeliums, wo so vieles an Begegnungen noch einmal aufgezählt wird, sei es die Begegnung der Maria Magdalena im Garten, die der Emmaus-Jünger auf ihrem Weg oder die der hinter Türen verschlossenen und in Angst lebenden 11 Jünger. Die Auferstehungsgeschichten berichten nicht die Auferstehung Jesu als solche. Sie erzählen uns Geschichten von Menschen, die dem auferstandenen Christus begegnet sind, die Auferstehung Christi in ihrem Leben erfahren haben. Sie erzählen davon, wie die Begegnungen mit dem Auferstandenen das Leben der Einzelnen verändert haben.
Das ist das Wesentliche an der Osterbotschaft, am Glauben: „Christus verändert meine Sichtweise, mein ganzes Leben“.
Bei den Emmausjüngern ist die Veränderung überdeutlich. Die, die eben noch hoffnungslos und gesenkten Hauptes ihren Weg gingen, die können wieder lachen und ein Brennen im Herzen fühlen.
Und Maria Magdalena? Auch ihre Geschichte dient nicht dazu, uns zu sagen, dass irgendwann die ewige Verlängerung des Lebens käme. Die ganze Geschichte ist auf die noch lebende Maria konzentriert, die um den verstorbenen Jesus trauert und dann erlebt, wie sie durch die Begegnung mit dem Auferstandenen neuer Lebensmut und Hoffnung erfasst. Sie war an einem ganz anderen Punkt, im Stillstand, ja förmlich im Tod. Und da erlebt sie einen Weckruf zum Leben. Auferstehung vollzieht sich gerade auch in diesem Leben und nicht nur oder erst danach.
Christus ist auferstanden, heißt es. Wir beziehen das immer nur auf Christus selbst. Aber alle Auferstehungsgeschichten handeln immer von Begegnungen mit ihm. Christus aufersteht in der Begegnung mit uns, Christus aufersteht, er steht auf gegen unsere Ausweglosigkeit, gegen unsere Ohnmacht und Hoffnungslosigkeit.
Einer ist hier im Markusevangelium bei der Aufzählung übrigens vergessen worden, bei dem die Veränderung noch am deutlichsten wurde. Paulus, der gehörte zwar nicht zu den Jüngern, sondern zu den Aposteln. Aber trotzdem. Bekannt war seine Begegnung mit dem Auferstandenen alle mal und auch, was sie nach sich gezogen hatte. Wir wissen es. Es ist einer der hoffnungsvollsten Auferstehungsgeschichten. Aus dem Saulus, so hieß er vor seinem Bekehrungserlebnis, wurde ein Paulus nach dieser inneren Begegnung mit dem Auferstandenen. Aus dem gewalttätigen Verfolger der ersten Christen wurde ein gewaltiger Nachfolger Christi. Aus dem Saulus wurde ein Paulus. Eine unglaubliche Veränderung dieses Menschen. Ein solches Bekehrungserlebnis wünschte ich heute Putin und den übrigen Bedrückern und Unterdrückern dieser Welt. Der auferstandene Christus, sein Geist hat noch eine Menge zu tun.
Um Nachfolge, wie sie Paulus dann gelebt hat, geht es auch in unserem Text des Markusevangeliums auf die Jünger bezogen. Der wesentliche Bestandteil der Begegnung mit dem Auferstandenen, ist, dass der Auferstandene oder der Geist Christi, wenn man so will, die Jünger beauftragt und ermutigt: „Gehet hin in alle Welt und predigt das Evangelium allen, die erschaffen sind! Wer gläubig geworden und getauft worden ist, wird gerettet werden. Folgende Zeichen werden die Gläubigen begleiten: in meinem Namen werden sie Dämonen austreiben; in neuen Sprachen werden sie sprechen; Schlangen werden sie aufheben und wenn sie etwas Tödliches getrunken haben, wird es ihnen nicht schaden; Kranken werden sie die Hände auflegen und sie werden genesen.“ Und am Schluss des Markusevangeliums heißt es dann von den Jüngern schließlich: „Sie aber zogen aus und predigten überall, indem der Herr mitwirkte und das Wort durch die begleitenden Zeichen bestätigte.“ Sie leben nicht mehr in Angst und Trauer, sondern tun das, wozu sie in der Begegnung mit dem Auferstandenen ausdrücklich beauftragt und ermutigt wurden. Es sollte nicht beim Stillstand, beim Tod der Sache Jesu bleiben.
Mit anderen Worten: Entgegen der Hoffnungen der Mächtigen hört die Sache Jesu nicht einfach auf, sondern erlebt eine Auferstehung. Es bleibt nicht bei dem Schrecken und der Angst, den die Gewaltherrscher durch den Tod Jesu am kreuz verbreiten wollten. Blinde werden sehend und Lahme gehen. Reiche teilen ihr Hab und Gut. Vergebung und Versöhnung. Das, was die Menschen mit Jesus erlebt hatten, wird zu neuem Leben von Gott erweckt. Gott hat den Mächtigen einen Strich durch die Rechnung gemacht. Die Sache des Evangeliums geht weiter in den Jüngern und in uns.
Wie war das im Gedicht von Kurt Marti?
„Das könnte manchen Herren so passen,
wenn mit dem Tode alles beglichen
die Herrschaft der Herren
die Knechtschaft der Knechte
bestätigt wäre für immer“
Wir selbst schreiben die Geschichte mit Gott, mit Christus auch heute noch weiter, in jedem Moment, wo unter uns diese frohe Botschaft aufleuchtet. Und sie leuchtet immer wieder auf. Gerade dann ist Christus unter uns heute noch lebendig. Gerade darin ist seine Auferstehung greifbar, dass das, was die Jünger in Jerusalem und Galiläa gelebt und weitergegeben haben, bis zu uns nach Rath-Heumar und Ostheim gekommen ist und auch unter uns gehört und gelebt wird.
Nein, Auferstehung ist nicht die ewige Weiterführung des Immergleichen, dass immer alles beim Alten bleibt: Die Reichen bleiben reich, die Armen arm, Gewalt folgt der Gewalt, Rakete der Rakete, Nein, so soll es gerade nicht immer weitergehen. Auferstehung, ist nach der Bibel vielmehr Veränderung – Verwandlung – unseres Lebens von Gott her, hier und jetzt und auch jenseits des Todes noch.
Nie hätte ich meine Mutter, die vor wenigen Tagen beerdigt wurde, im Sinne der Kryoniker einfrieren wollen. Sie war ja dement. Das ist nun wahrlich kein Zustand, den ich hätte bewahren wollen, ihr für ein wie auch immer geartetes ewiges Leben dann auch gewünscht hätte. Nein, gerade sie braucht die gnadenvolle Zuwendung und Verwandlung von Gott her. Ewiges Leben ist nicht menschliche Konservierung eines Dauerzustandes. Ewiges Leben ist ein von Gott verwandeltes und erfülltes Leben.
Und gerade, weil wir solches nicht nur aus eigener Kraft vermögen, heisst es von Christus auch an anderer Stelle: „er haucht die Jünger an. Das ist nicht etwa gemeint wie bei einem Alkoholtest oder wie bei einem Magier, der die anderen verzaubert. Das Anhauchen nimmt vielmehr Bezug auf die Schöpfung, auf das Wort Nephesch: Hebräisch für: Seele, Hauch, Atem, Leben. Alles ein und dasselbe Wort. Alles ein und dasselbe, das Gott zu Beginn unserer Welt und uns mitgab. Daran knüpft Christus an. Lebendig machen will er uns, anstecken mit seiner Hoffnung. Nichts anderes heißt das. Und in der Taufe geht diese Hoffnung weiter, lebt Christus auch heute unter uns.
Und so möchte ich am Schluss ein paar Taufwitze erzählen. Das tue ich in Aufnahme einer alten Tradition, nämlich des sogenannten Osterlachens, wo in früheren Jahrhunderten zu Ostern Witze von der Kanzel erzählt worden sind – frei nach dem Motto: „Gott lacht am längsten – sei es über die Unzulänglichkeiten der Menschen, sei es über die selbst ernannten Herren der Welt, sei es über den Tod“. Als Menschen sollten wir uns entgegen aller Fortschrittsideologie bewusst machen, dass unser irdisches Leben Grenzen hat und dass auch wir begrenzte Wesen sind, die immer auf das gnädige Erbarmen und Lächeln Gottes verwiesen und angewiesen bleiben.
Also, drei Witze zum Thema Taufe:
„Wie soll das Kind heißen?“ fragt der Pfarrer bei der Taufe. „Clara Leonie Chantalle Lisa Marie!“ antwortet der Vater. Der Pfarrer flüstert dem Küster zu: „Mehr Wasser, bitte!“
Eine Gruppe NATO-Offiziere wird für eine Übung nach Schweden geschickt. Eigentlich sprechen sie kein Wort Schwedisch, entschließen sich aber trotzdem eine Messfeier zu besuchen.
Nach einiger Zeit in der Kirche steht in der Reihe vor ihnen ein Mann auf. Da die Offiziere denken, dass der Gottesdienst zu Ende sei, stehen sie ebenfalls auf.
Plötzlich bricht die ganze Gemeinde in Gelächter aus. Entsetzt fragen sie den Priester, der ein paar Brocken Englisch sprechen kann, was denn los sei.
Dieser antwortet nur: „Wir wollten gerade mit einer Kindstaufe beginnen und ich habe gebeten, dass der Vater des Kindes sich erheben möge.“
Ein Mann kommt zum Pfarrer und möchte seinen Hund taufen lassen.
Pfarrer: “Das ist unmöglich!”
Mann: “Der Hund ist wie ein Familienmitglied, und ich spende auch 10.000 Euro.”
Pfarrer: “Na gut, aber nur wenn sie es für sich behalten.”
Der Hund wird getauft, aber der Mann muss es natürlich jedem erzählen – so erfährt es schließlich auch die Superintendentin, die die Dienstaufsicht über den Pfarrer hat.
Die lässt den Pfarrer kommen:
“Ja, sind Sie denn wahnsinnig, einen Hund zu taufen?”
Pfarrer:
“Der Mann hat 10.000 Euro dafür gespendet.“
Sagt die Superintendentin:
„Hm, okay, und wann ist die Konfirmation?“
Amen