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Gedanken zur Tageslosung, Samstag 20.06.2020

Was der HERR tut, das ist herrlich und prächtig, und seine Gerechtigkeit bleibt ewiglich.
Psalm 111,3

Es lasse ab von Ungerechtigkeit, wer den Namen des Herrn nennt.
2.Timotheus 2,19

Beide Verse thematisieren die Gerechtigkeit. Und doch haben sie unterschiedliche Akzentsetzungen. Im Psalmvers begegnet uns der Verweis auf die Gerechtigkeit Gottes, die den ungerechten Verhältnissen, wie sie in der Welt oftmals herrschen, gegenübergestellt wird. Für die ungerecht Behandelten ergreift Gott Partei – das ist die starke Gewißheit und Hoffnung, die wir in der Bibel immer wieder ausgedrückt finden. Und dadurch ist es Lebenshilfe und Überlebenshilfe für diejenigen, die sonst niemanden haben – keine Lobby außer Gott. Das Ziel dabei ist nicht etwa, dass Menschen durch ihren Glauben bei Gott einfach nur vertröstet würden und alles beim Alten bliebe, sondern dass sie bei ihm Trost, Solidarität und Kraft erfahren, die ihnen hilft, auch gegen ungerechte Verhältnisse anzukämpfen. So haben sich beispielsweise in Lateinamerika seit nun schon mehreren Jahrzehnten auch Bibelkreise von Kleinbauern oder auch Zugehöriger  indogener Bevölkerungsgruppen gebildet, die zusammen kommen, um sich durch die gemeinsame Bibellektüre in ihrer Lebenssituation zu stärken und gegen Ausbeutung und ungerechte Verhältnisse zur Wehr zu setzen.

Im Brief an Timotheus macht Paulus mit seinen Worten noch mal deutlich, wie elementar Glaube und Gerechtigkeit zusammen gehören. Zu einer authentischen Existenzweise eines Gläubigen gehört das Bemühen für Gerechtigkeit zu sorgen oder sie einzuklagen und vor allem, sich selbst gerecht zu verhalten. An dieser Authentizität werden wir als Christen und Kirche gemessen. Darum steht es uns gut an, bevor wir Menschen in der Gesellschaft wegen ungerechtem Verhalten oder ungerechter Verhältnisse moralisch an die Wand stellen, im eigenen Laden Gerechtigkeit zu praktizieren Geschlechtergerechtigkeit gehört sicher dazu, aber vor allem und zuallererst Partizipations- und Mitsprachegerechtigkeit, Beschäftigungs- und Bezahlungsgerechtigkeit und müssen dabei von der Bibel her gebotene Selbstverständlichkeiten sein, die gerade Kirchenleitungen besonders beherzigen sollten. Wenig glaubwürdig sind Verlautbarungen der Kirche, wo sie Gerechtigkeit einfordert, an die sie sich selbst nicht hält. Sie sind auch wenig hilfreich, sofern sie nur Moralin versprühen und sich nicht in einen Dialog mit Verantwortungsträgern darüber hineinbegeben, wie denn die Visionen gerechter Verhältnisse in der Weilt im Konkreten in der Politik und in der Wirtschafts- und Arbeitswelt verantwortungsethisch gemeinsam umgesetzt werden können. Das ist nicht nur eine Frage von Gerechtigkeit, sondern auch von Seelsorge und seelsorgerlicher Präsenz der Kirche in der Öffentlichkeit und der Arbeitswelt. (Pfarrer Dr. Gerhard Wenzel)