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Gedanken zur Tageslosung Samstag, 2. Mai 2020

Verwirf mich nicht von deinem Angesicht, und nimm deinen heiligen Geist nicht von mir.
Psalm 51,13

Wir danken Gott, dem Vater unseres Herrn Jesus Christus. Er hat uns errettet aus der Macht der Finsternis und hat uns versetzt in das Reich seines geliebten Sohnes.
Kolosser 1,3.13

Copyright: iStock / TommL

In der Paartherapie gibt es eine Übung, die Eheleute oder Verpartnerte immer wieder besonders herausfordert. Sie sollen sich einfach anschauen, gegenseitig in die Augen, ins Gesicht schauen. Diese Körperübung, die sich so leicht anhören mag, erfordert in Wirklichkeit besondere Konzentration und Aufmerksamkeit. Wir verlieren uns im Alltag schnell aus den Augen. Diese Übung dient dazu, einander und sich selbst im Miteinander wieder wahrzunehmen, Nähe zu erfahren. Eins ist auch klar: Es können sich da auch unmittelbar Störungen des Miteinanders offenbaren. Man kann eigentlich sagen: Je mehr sich Menschen mit dieser Übung schwer tun, desto größer ist die Schieflage in der Partnerschaft, in der Beziehung.

“Verwirf mich nicht von deinem Angesicht!! ist hier im Psalm die an Gott gerichtete Bitte des Betenden,  Gott möge mich nicht aus den Augen verlieren, sondern sich mir weiter zuwenden, weiter in einem nahevollen Kontakt mit mir bleiben und zwar unabhängig davon, ob ich dies umgekehrt getan habe oder nicht. Das Beispiel der Paartherapie macht aber deutlich, dass ich Nähe, in der sich Gott mir zuwendet, kaum erwarten kann, wenn ich nicht auch umgekehrt bemüht bin, ihn nicht aus dem Blick, aus dem Sinn zu verlieren. Zwar mögen wir Gottes Angesicht umgekehrt erst nach dem Tod, wenn überhaupt, wahrnehmen können oder vollständig erkennen. Aber das ist ja in der Vollständigkeit gar nicht nötig, zumal wir nicht auf der absolut selben Stufe stehen wie das bei Eheleuten oder Verpartnerten der Fall ist. Uns reicht ein gnädiger Blick Gottes und ein gegenseitiges Acht haben aus, um geist- und somit segensreich durch dies Leben zu kommen. Gerade, wo das Leben so bedroht erscheint wie im Augenblick. Aber eigentlich ist es das immer. Wir machen es uns nur zu wenig bewusst.

Das Leben ist immer schon durch Tod begrenzt und von Tod umfangen. Ja, das kennzeichnet gerade zu unser Leben. Aber wir vertrauen darauf, dass Gott uns mit seinem Angesicht zugewandt ist und bleibt. Wir vertrauen darauf, dass Gottes Liebe uns in all dem umfängt und dass die Arme Gottes bildlich gesprochen größer sind als all das, was uns je umfangen oder gefangen nehmen mag. Er hat diese Welt mit ihrem Tod geschaffen. Er umfängt sie auch. Unsere Hoffnung ist, dass Gott das alles sieht, dass er den Durchblick behält, wo unser Blick von Finsternis getrübt ist. Dazu gehört allerdings nicht nur Trauer, erlebtes Sterben und Tod oder andere große Not. Dazu gehört auch, das wir den Mächten dieser Welt nicht auf immer hilflos ausgeliefert bleiben. Wenn in der Bibel von den “Mächten der Finsternis” die Rede ist, wie hier im Kolosserbrief, dann sind da eigentlich nie irgendwelche abstrakten gegen Gott gerichtete im Untergrund am Werke befindlichen Teufelsmächte mit gemeint, sondern konkrete Erfahrungen von erlebter Ohnmacht, in der Regel gegenüber Machthabern und Herrschenden. Erfahrungen, dass diese lebenshinderlich, ja todbringend sind oder das Leben sonst irgendwie beschweren.

Konkret war dabei z. B. das damalige Römische Reich im Blick bei den so bezeichneten “Mächten der Finsternis”, die Gewalt, Unfrieden, Unterdrückung mit sich brachten. Die ersten Christen litten in doppelter Weise unter der römischen Herrschaft:  einmal durch Eroberung , Besatzung und Knechtung der Länder, in denen sie lebten – das verband sie mit allen übrigen Menschen bzw. den Bewohnern der jeweiligen Länder der damaligen Zeit – und dann aber auch durch die von der römischen Staatsmacht ausgeübten Christenverfolgungen.  Diesen Mächten stellt der Schreiber des Kolosserbriefes das Reich Gottes gegenüber. Das Reich Gottes, das von ganz anderer Art ist. Da herrscht Christus. Da herrscht die Macht der Liebe und nicht die Liebe zur Macht. Da werden wir gesehen und geachtet. Da verliert uns Gott nicht aus seinem Angesicht. Und das ist nicht erst irgendwann im Jenseits. Das geschieht schon überall dort, wo das, wofür Christus steht, greifbar, sichtbar in unserem Leben wird. Das ist ein tröstlicher und hoffnungsvoller Gedanke, wenn wir an die Mächte der Welt, insbesondere an die Mächte der Finsternis heute denken. Irgendwann sterben sie. Christus aber lebt. Sein Reich und seien Liebe bleiben. (Pfarrer Dr. Gerhard Wenzel)