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Osterpredigt zu 1. Samuel 2, 1-8 aus der Auferstehungs-kirche Ostheim

Die Gnade Jesu Christi und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit uns allen. AMEN

Liebe österliche Gemeinde!

Dass Jesus auferstanden ist, das ist nicht irgendwie so aus heiterem Himmel gekommen.
Mutmach- Wiederanfangs,- Aufsteh- und Auferstehungsgeschichten sind Gottes Geschichten. Sie gehören zu Gottes großem Plan mit dieser Welt, mit uns Menschen.
Auch im Ersten, Alten Testament werden solche Geschichten erzählt, wie im heutigen Predigttext aus dem 1. Buch Samuel.
Gewiss: Die Auferstehung Jesu ist eine Sache des Neuen Testaments.
Und trotzdem gibt es schon im Alten Testament, weit in der Frühzeit Israels, Auferstehungsgeschichten.
Gott hat schon lange vor Jesus Zeichen gesetzt, hat Markierungen hinterlassen, an denen man mindestens im Rückblick merkt, dass er schon immer das Unterste zu Oberst kehren wollte, dass er schon immer den normalen Lauf der Welt durcheinander gebracht hat, dass er schon immer dafür gesorgt hat, dass die Geschichten anders ausgehen, als man es meistens erwartet.
Und er hat Menschen ermutigt, trotz aller Widrigkeiten ihres Lebens immer wieder aufzustehen.
So eine Geschichte hören wir heute. Es ist die Geschichte von Hanna. Hanna war verheiratet, blieb aber kinderlos. Damals – wie teilweise auch heute – eine Katastrophe für eine Frau. Keine Kinder zu bekommen, unfruchtbar zu sein, das war in der damaligen Gesellschaft wie ein Stigma, ein Makel.
Und so war es auch mit Hanna. Sie war die Frau von Elkana aus dem Stamm Efraim in Israel, und er liebte seine Frau, auch wenn sie keine gemeinsamen Kinder hatten. Aber Elkana hatte Kinder – mit seiner – wie es damals möglich war, zweiten Frau Pennina.
Dieser Teil seiner Familie wurde immer größer. Das war für Hanna sicher nicht leicht erträglich, aber besonders schlimm war es beim jährlichen Fest im Heiligtum von Silo, wo die ganze Familie zusammenkam.
Beim großen Festessen teilte Elkana seinen Frauen Fleischstücke zu, für Pennina erst eines, und dann noch eins für ihr erstes Kind, und noch eins für jedes weitere Kind. Als Hanna an der Reihe war, bekam sie nur ein Stück.
Ein Raunen und spottende Kommentare blieben nicht aus. Peninna hatte eine spitze Zunge und wusste, wie sie Hanna immer wieder verletzen konnte.
In einem Jahr konnte Hanna es nicht länger ertragen. Sie stand vom Tisch auf und lief in den Tempel, und da schüttete sie ihr Herz vor Gott aus und bat: »Schenk mir einen Sohn! Ich will ihn dir auch hier im Heiligtum lassen, damit er dir sein Leben lang dient.«
Und der Priester Eli, der sie dort sah, sagte ihr – ohne zu wissen, worum es ging – aus einer prophetischen Eingebung heraus: „Du wirst bekommen, worum du gebeten hast.“
Um tatsächlich – ein Jahr später, als wieder Opferfest in Silo war, da hatte Hanna einen Sohn, und sie musste sich nie wieder verspotten lassen. Viel später, als er alt genug war, da brachte sie ihn in den Tempel, und aus ihm wurde der große Prophet Samuel.
Aber ihre Worte für heute, Ostersonntag, die gehören dem Moment, als sie ihr Baby, den kleinen Samuel, in den Tempel brachte und Gott dankte.
1 Hanna betete:
HERR, du hast mich fröhlich gemacht, du hast mich wieder aufgerichtet und mich gestärkt! Jetzt kann ich über meine Feinde lachen. Ich bin voller Freude, weil du mir geholfen hast.
2 Der HERR allein ist heilig; es gibt keinen Gott außer ihm. Auf nichts ist so felsenfest Verlass wie auf ihn.
3 Tut nicht so groß! Spielt euch doch nicht so auf! Prahlt nicht so frech mit euren Plänen! Der HERR weiß genau, was ihr tut; er prüft alle eure Taten.
4 Starken Männern zerbricht er die Waffen; Schwachen und Entmutigten gibt er neue Kraft. 5 Reiche müssen auf einmal ihr Brot mit eigener Hand verdienen; Arme müssen nicht mehr hungern und können feiern. Die Frau, die kinderlos war, bringt sieben Kinder zur Welt, doch so manche Kinderreiche behält nicht eines.
6 Der HERR tötet und macht lebendig, er verbannt in die Totenwelt, und er ruft aus dem Tod ins Leben zurück. 7 Er macht arm, und er macht reich, er bringt die einen zu Fall, und andere erhöht er. 8 Die Armen holt er aus der Not, die Hilflosen heraus aus ihrem Elend; er lässt sie aufsteigen in den Kreis der Angesehenen und gibt ihnen einen Ehrenplatz.

Liebe österliche Gemeinde,
für mich gehören Hannas Worte zu den schönsten Auferstehungsgeschichten der Welt.
Sie klingt fast wie ein Märchen. Die, die keine Hoffnung, keine Möglichkeit hatte, bekommt ihren größten Wunsch erfüllt.
Ihre Gebete, ihr Zutraun ins Leben, ihre beständige Hoffnung und ihr Mut, sich nicht unterkriegen zu lassen – es ist eine märchenhafte Wendung, in der Gottes Lebenshandschrift zu erkennen.

Eine Lebenshandschrift, die auch in unser Leben geschrieben ist.
Wir dürfen, wir sollen, wir haben die Möglichkeit, uns immer wieder neu aus der Eihülle ins Leben zu schälen (nicht nur Ostern).

Mit der Auferstehung Jesu, so hat sich durch die Geschichte gezeigt, beginnen viele Aufsteh-Geschichten.
Menschen verlieren die Angst vor dem Tod, Menschen können mit der Trauer über einen großen Verlust leben, Menschen passen sich widrigen Lebensbedingungen und –umständen an. Menschen sind – und werden – einander Mensch.

Wir leben in schwierigen Zeiten.
Gewiss, uns fehlt es hier noch an nichts, wir können noch miteinander feiern und fröhlich sein. Aber die Nachricht von der Bedeutungslosigkeit, in der die Kirche Jesu Christi offenbar versinkt, bedrückt uns vielleicht auch.
Im Moment wollen einfach viel mehr Untergangs und Stillstandsgeschichten erzählt werden.
Dabei: Wir haben in diesem Zeiten einige ganz beeindruckende Auferstehungsgeschichten miterlebt.
Ich denke daran, mit wie viel Fantasie, Geduld, Mut und schönen Zeichen wir die Osterbotschaft im Lockdown verkünden und weitergeben konnten. Wie viel Solidarität und Miteinander da aufgebrochen ist für die, die Hilfe brauchten.
Ich denke daran, wie wir es mehr oder weniger geschafft haben, Menschen aus schlimmer Kriegssituationen in unserem Land aufzunehmen. Da ist nicht alles gut und nicht alles rosig, weder für diese Menschen, noch für uns. Aber es geht.
Ich denke auch daran, wie wir Menschen in der Zeit, in der wir nicht weit reisen durften, die Welt um uns herum neu kennengelernt haben. So schöne Wanderungen haben z.B. mein Mann und ich in dieser Zeit unternommen, das Schöne im Nahen kennengelernt.
Und ich habe Menschen in diesen Zeiten begleitet, die es mit Krankheiten, persönlichen Verlusten u.a. richtig schwer hatten, und dann doch wieder aufgestanden sind und nicht in dem Dunklen und Traurigen stehen geblieben sind.
Auch aus unserem Partnerkirchenkreis Kalungu im Kongo hören wir immer wieder Aufbrüche, auch nach Ausbrüchen von Terror, Gewalt und Krankheiten.

Hanna singt.
Sie singt heute für uns ein Lied von der Auferstehung.
Der Herr bringt die einen zu Fall und die anderen erhöht er.
Starken Männern zerbricht er die Waffen, aber Schwachen und Entmutigten gibt er neue Kraft.
Ich möchte das besonders an Ostern 2022 hoffen, für die Menschen aus der Ukraine und für die ganze Welt.

Es braucht Auferstehungsgeschichten. Deine und Ihre. Immer und zu allen Zeiten.
An einer Auferstehungsgeschichte kommen wir nicht vorbei.
Der auferstandene Jesus und der Mut von Menschen damals wie heute, im Glauben an einen Gott, der stärker ist als der Tod, ihr Leben zu gestalten, ist die Hoffnung für die Welt.
Auch für die, die der Kirche gerade den Rücken kehren.

Gott hat so viele Wege, um seine Auferstehungsgeschichten an Männer und Frauen zu bringen.
Auch wenn es vorher bleierne Zeiten gibt, in denen man die Hoffnung schon beinahe aufgibt.

Zeiten, in denen die kinderlose Hanna sich verspotten lassen muss
In denen unabhängige Journalisten nicht mehr berichten dürfen
In denen Eigentum nichts mehr wert ist
In dem Macht über ohnmächtige das größte Gut zu sein scheint
In der so mancher Mensch nur an sich denkt.
Zeiten wie die zwischen Karfreitag und Ostern, in der es aussieht, als ob die dunklen Mächte gewonnen hätten und jede Hoffnung Illusion ist.
Aber Gott hat schon längst seine Auferstehungsgeschichten ausgestreut, und wenn die Zeit kommt, dann geht der Same auf.
Jesus ist auferstanden, er ist wahrhaftig auferstanden! Was sollte jetzt noch unmöglich sein?
In der Auferstehung Jesu haben all die anderen Auferstehungsgeschichten ihre Grundlage. Ohne Auferstehung wären sie auf Sand gebaut. Aber die Auferstehung sorgt dafür, dass sie realitätshaltig sind und keine schönen Träume bleiben. Gott rüttelt an den Toren der Welt, er will hier rein, und zum Glück gibt es die Auferstehungsmenschen, Euch und Sie – die ihm die Tür aufschließen. Und dann kommt er selbst, stark und unaufhaltsam.

Darum: Werdet nicht müde darin, einander Eure Aufsteh- und Auferstehungsgeschichten zu erzählen. Wo eure innigsten Gebete erhört wurden, Ihr Gott gelobt habt, weil er euch „.. aus der Tiefe geholt hat..“ (wie wir es eben gesungen haben), und es im Leben weiterging. Der Auferstandene Christus gibt uns nicht nur die Möglichkeit und Kraft, sondern auch den Auftrag, einander von der Hoffnung zu erzählen. Gott schreibt seine Auferstehungsgeschichte auch in Euch weiter.
Ich wünsche Ihnen und Euch ein frohes Auferstehungsfest mit vielen Geschichten, die ihr miteinander teilt!

Ich schließe mit einem Text von Michael Tillmann:

„Auferstehung ereignet sich,
als Maria beim Namen genannt wird und Zuwendung erfährt,
als Jesus den Jüngern den Frieden zusagt,
als Wunden zu Boten des Lebens werden,
als nach vergeblichem Tun sich Netze füllen,
als das Herz im Gespräch brannte,
als sie ihn beim Brotbrechen erkannten,
als Petrus Vergebung erfährt.

Auferstehung ereignet sich,
am Grab, auf dem Weg, im Alltag. Auch heute.
Wo der Einsame Gemeinschaft erfährt, Wo ich beim Namen genannt werde.
Wo die Traurige getröstet wird.
Wo Wunden zu Boten des Lebens werden.
Wo sich nach vergeblichem Tun Netze füllen.
Wo der Schuldige Vergebung erfährt.
Wo Liebe, Zeit und Zuneigung geteilt werden.
Wo ein Feuer die Resignation verbrennt.
Wo Lahmen Beine gemacht werden.
Wo Brot geteilt wird.

Auferstehung ereignet sich,
an Gräbern, auf Wegen, im Alltag.
Die ganze Welt ist voller Wunder.
Voller Wunder der Auferstehung.
Heute und morgen auch und übermorgen sowieso.“

AMEN
Und der Friede Gottes, der größer ist als alles, was wir denken und begreifen, der bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus, unserem Herrn. AMEN