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Predigt am 8. Sonntag nach Trinitatis über 1. Könige 19, 1-18

Die Gnade Jesu Christi und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit uns allen. AMEN

Liebe Gemeinde,
ich folge am heutigen 8. Sonntag nach Trinitatis nicht der Perikopenordnung. Inspiriert durch einen Abschnitt aus dem 1. Buch der Könige und der Geschichte vom Propheten Elia kam als Anregung aus der Mitte der Gemeinde, die Geschichte des Propheten Elia fortzusetzen. Es wäre es doch schön, nach dem „Wonach hungern wir“ vom letzten Sonntag mit der Gottesbegegnung Elias weiterzumachen.
„Wie begegnet uns Gott?“ könnte ich heute fragen – mit Blick auf den Predigttext aus 1. Könige 19. Aber auch mit dem Blick auf unsere aktuelle Situation. Wie begegnet uns eigentlich Gott, begegnet er uns überhaupt noch oder vielleicht gar mit Macht in den Unwettern dieser Tage?
Dazu lese ich aus einem Brief von Präses Dr. Thorsten Latzel:
„Mich erreichen aktuell Anfragen wie: Ist die Überschwemmung nicht ein Gerichtshandeln Gottes, mit dem er uns zur Umkehr rufen will? – Um klar zu antworten: Nein! Ich halte solche Deutungen für theologisch schief, logisch kurzschlüssig und hochproblematisch. Oft verbinden sich solche Interpretationen mit bestimmten Werturteilungen, worin die „Unmoral“ unserer Gesellschaft im Allgemeinen oder der Kirche im Besonderen bestehe.
Nein, wir können als Menschen Gott nicht in die Karten schauen.
Gott ist kein Theater-Gott, der wie aus der Nebel-Maschine auftaucht, um hier oder dort mal richtig reinzuhauen und Tacheles zu reden (deus ex machina).
Gerade die Sintflut-Geschichte (1. Mose 6-9) verabschiedet doch eine solche Vorstellung – weil, so die Geschichte, „das Dichten und Trachten des menschlichen Herzens böse von Jugend an“ ist (1. Mose 6,5; 8,21). ……

Da packt unser Präses wirklich ein heißes Eisen an. Wie das schon zur Situation des Propheten Elia passt?
Ich lese von Elia am Horeb.
191Und Ahab sagte Isebel alles, was Elia getan hatte und wie er alle Propheten Baals mit dem Schwert umgebracht hatte. 2Da sandte Isebel einen Boten zu Elia und ließ ihm sagen: Die Götter sollen mir dies und das tun, wenn ich nicht morgen um diese Zeit dir tue, wie du diesen getan hast! 3Da fürchtete Elia sich, machte sich auf und lief um sein Leben und kam nach Beerscheba in Juda und ließ seinen Diener dort. 4Er aber ging hin in die Wüste eine Tagereise weit und kam und setzte sich unter einen Wacholder und wünschte sich zu sterben und sprach: Es ist genug, so nimm nun, Herr, meine Seele; ich bin nicht besser als meine Väter.

Was Elia getan hat, war eine Katastrophe größeren Ausmaßes. Nicht nur die Baals-Propheten des Königs Ahab, sondern zugleich der König und seine Frau, die Königin Isebel wurden bloßgestellt, entmachtet, aber das ist noch nicht alles – es kam zu einem Massaker und daran ist Elia eben beteiligt. So viele Tote.
Hat Gott das zugelassen, gar gewollt, in einen Sinnzusammenhang gesetzt?
Elia zweifelt. Aber: Elia behält den „heißen Draht“ zu Gott. Gott lässt ihn nicht los. Und er erfährt: Gott ist noch da. Auch in dieser Situation.
Denn: Elia läuft nicht zum ersten Mal davon. Schon am Bach Krit hatte er sich versteckt, wo er von den Raben versorgt wurde. Zur Begegnung mit der Witwe in Zarepta wurde er geführt, und erfuhr dort die Kraft Gottes bei Hunger und Armut und Durst und Krankheit, denn es hungerte dort nicht nur ihn!
Doch dann hatte er geeifert für Gott, geeifert gegen die Mächtigen, gewütet gegen die Baalspropheten. Und dann regnet es auf die Bösen und die Guten.
Doch jetzt ist das Elia alles zu viel. Er ist an die Grenzen seiner Kräfte gekommen. Hat er zu sehr geeifert? Sich richtig von Gottes Willen leiten lassen, der die Menschen zu sich führen will und doch nicht von sich weg? und zu viel von seinen eigenen Kräften eingesetzt, statt sich von Gott tragen und leiten zu lassen.
Elia fürchtet um sein Leben und flieht in die Wüste. Dort legt er sich erschöpft unter einem Wacholderstrauch nieder und klagt Gott sein Leid. Er fühlt sich völlig elend und nutzlos und will alles vergessen. So sehr hat er sich angestrengt und so wenig erreicht. Am Liebstern würde er sterben: „so nimm nun, Herr, meine Seele“, so ruft er zu Gott und schläft erschöpft ein.
Was ist es wohl, wonach Elia sich sehnt? Ist es wirklich der Tod? Das glaube ich eigentlich nicht. Es sind wohl eher Ruhe und Frieden für seine Seele und die Möglichkeit, alles zu vergessen. Dieses Gefühl der völligen Erschöpfung und des Überfordertseins können viele von uns wahrscheinlich gut nachvollziehen: Auch wir leben und arbeiten oft über unsere Kräfte. Wir kommen an unsere Grenzen und merken es erst, wenn wir die Erschöpfung nicht mehr leugnen können, weil
unser Körper nicht mehr mitmacht. Angetrieben durch hohe Ansprüche an sich selbst, durch Erwartungen von außen und die Angst, nicht gut genug zu sein. Betroffen von Ereignissen, die uns auch noch das letzte Quäntchen an Sicherheit nehmen.
Und Gott? Wie reagiert er darauf?

5Und Elia legte sich hin und schlief unter dem Ginster. Und siehe, ein Engel rührte ihn an und sprach zu ihm: Steh auf und iss! 6Und er sah sich um, und siehe, zu seinen Häupten lag ein geröstetes Brot und ein Krug mit Wasser. Und als er gegessen und getrunken hatte, legte er sich wieder schlafen. 7Und der Engel des Herrn kam zum zweiten Mal wieder und rührte ihn an und sprach: Steh auf und iss! Denn du hast einen weiten Weg vor dir. 8Und er stand auf und aß und trank und ging durch die Kraft der Speise vierzig Tage und vierzig Nächte bis zum Berg Gottes, dem Horeb.
9Und er kam dort in eine Höhle und blieb dort über Nacht. Und siehe, das Wort des Herrn kam zu ihm: Was machst du hier, Elia? 10Er sprach: Ich habe geeifert für den Herrn, den Gott Zebaoth; denn die Israeliten haben deinen Bund verlassen und deine Altäre zerbrochen und deine Propheten mit dem Schwert getötet und ich bin allein übrig geblieben, und sie trachten danach, dass sie mir mein Leben nehmen.

Gott lässt Elia erstmal eine Zeit lang ruhen. Dann schickt er einen Engel zu Elia, der ihn wecken soll und der ihm Brot und Wasser bringt. Regelmäßige Mahlzeiten und Ruhe – das braucht Elia jetzt. Doch der Engel macht noch mehr: er stellt nicht nur essen hin und ruft Elia, er ist nicht nur ein Bote und Sprachrohr Gottes, sondern er berührt Elia auch. In der Bibel heißt es: der Engel rührte ihn an. Wie ist das wohl, von einem Engel berührt zu werden?
Mir scheint, diese Berührung des Engels ist wie die Berührung durch einen vertrauten, sich sorgenden Menschen. Der Engel rüttelt Elia nicht wach, Elia erschrickt nicht. Im Gegenteil: ich glaube sogar, dass diese Berührung Elia gut tut, weil er dadurch ganz besonders merkt,
dass er nicht allein ist, sondern dass jemand da ist, der sich um ihn kümmert und seine Not wahrgenommen hat. Wie schon in den Wochen zuvor sorgt Gott für seinen Propheten.
Essen und Schlafen und von einem anderen behütet sein – das tut gut. So nach und nach kehren Elias Kräfte wieder zurück. Die himmlische Speise stärkt ihn. Sie stärkt ihn so sehr, dass er gekräftigt durch diese Mahlzeit bis zum Gottesberg Horeb laufen kann. Der Weg ist
weit, 40 Tage und 40 Nächte läuft Elia und hat dabei viel Zeit zum Nachdenken. Er hat Zeit sich darüber klar zu werden, was ihn eigentlich stört, was ihn so viel Kraft gekostet hat und wo genau der Schuh drückt. Manchmal braucht es lange Wege und Zeiträume, um für sich selbst klar zu bekommen und zu formulieren, wonach man sich sehnt und wo die Probleme liegen.
Am Gottesberg Horeb, auch Sinai genannt, angekommen, kommt es zu einer Gottesbegegnung. An diesem Berg hat Gott sich schon Mose gezeigt, hat mit ihm gesprochen und ist dem Volk Israel begegnet; damals, nach dem Auszug aus Ägypten. Auch sie hatten zu diesem Zeitpunkt schon viel mit Gott erlebt, ein oft beschwerlicher Weg, auf dem Gott sie aber nie im Stich gelassen hatte. Hier am Horeb kommt es nun auch zu einem Zwiegespräch zwischen Gott und seinem Propheten Elia: Gott fragt Elia danach, was er am Horeb macht. Anders gesagt könnte er auch fragen: warum bist Du Elia zu mir gekommen? Was kann ich dir Gutes tun?
Gott fragt nach Elias Anliegen und Elia klagt und jammert Gott sein Leid: davon, dass er stark gegen den Abfall der Israeliten von Gott geeifert hat – vielleicht manchmal zu stark; davon, dass er die Tötung der Baals-Propheten veranlasst hat und dass man nun ihm selbst
nach dem Leben trachtet. Davon, dass er sich verlassen und allein fühlt, weil von seinen Freunden niemand mehr übrig geblieben ist. Auch wenn er es nicht direkt ausspricht, so schwingt dabei doch der Vorwurf an Gott mit: Gott, wo bist du? Warum tust du nichts? Ich jedenfalls, ich habe alles gegeben. Mehr kann ich nicht tun.

Elia wünscht sich, dass Gott handelt. Dass er erkennbar die Dinge i die Hand nimmt, die Geschicke und den Sinn der Menschen lenkt.
Oh, wie oft ich mir das auch wünsche!!!
Wie soll ich Menschen nur Mut zusprechen, die alles verloren haben. Wie soll ich Menschen begleiten, die das Sterben eines nahen Angehörigen in langem Siechtum begleiten und sagen „Das hat er oder sie nicht verdient“. Daneben Menschen, die einen Lieben in einem Unglück verloren haben, trösten, wenn sie sagen: „Er oder sie hatte noch so viel vor“.
Nun wissen wir alle, dass uns die Warum? Und Wieso? – Fragen nicht weiterbringen. Manches ist nicht zu verstehen, ja nicht einmal zu deuten. Auch Christen und Christinnen erleben, dass sie selbst im Glauben nicht auf alles erfahrene Leid eine Antwort bekommen.
Ich weiß nicht, ob Elia das Handeln Gottes als Antwort versteht und ich weiß nicht, ob es das ist, was er für sein Leben braucht.
Hören wir, was weiter geschieht:
11Der Herr sprach: Geh heraus und tritt hin auf den Berg vor den Herrn! Und siehe, der Herr ging vorüber. Und ein großer, starker Wind, der die Berge zerriss und die Felsen zerbrach, kam vor dem Herrn her; der Herr aber war nicht im Winde. Nach dem Wind aber kam ein Erdbeben; aber der Herr war nicht im Erdbeben. 12Und nach dem Erdbeben kam ein Feuer; aber der Herr war nicht im Feuer. Und nach dem Feuer kam ein stilles, sanftes Sausen. 13Als das Elia hörte, verhüllte er sein Antlitz mit seinem Mantel und ging hinaus und trat in den Eingang der Höhle.
Und siehe, da kam eine Stimme zu ihm und sprach: Was hast du hier zu tun, Elia? 14Er sprach: Ich habe für den Herrn, den Gott Zebaoth, geeifert; denn die Israeliten haben deinen Bund verlassen, deine Altäre zerbrochen, deine Propheten mit dem Schwert getötet und ich bin allein übrig geblieben, und sie trachten danach, dass sie mir das Leben nehmen. 15Aber der Herr sprach zu ihm: Geh wieder deines Weges durch die Wüste nach Damaskus.

Wie begegnet uns Gott? Und wo und wie wirkt eigentlich Gott? Fragen, die nicht nur Elia damals, sondern auch uns heute beschäftigen.
Elia erfährt Gott und bekommt eine erstaunliche Antwort: ich handele anders, als du es erwartest und ich bin trotzdem da. So lässt er an Elia zunächst einen großen und starken Wind vorüberziehen, dann erschüttert ein Erdbeben den Berg und schließlich umgibt ihn ein loderndes Feuer – doch in dem einen noch dem anderen größeren und fühlbaren Ereignis ist Gott hier zu finden.
Hören wir noch einmal auf Präses Dr. Thorsten Latzel:
„… Und wo sollten wir dann anfangen und aufhören bei den „Plagen“ der Menschheit: Jede Seuche (Corona, Schweinegrippe, Ebola, Aids, …), jedes Unwetter (Taifun, Hurrikan, Zyklon …) oder Dürre, jeder Gebäudeeinsturz, Flugzeugabsturz, Terroranschlag, … eine Botschaft Gottes? Und wenn schönes Wetter ist, ist Gott zufrieden oder nur geduldig? Nein. Das ist nicht das Gottesbild des Evangeliums. Gott „lässt seine Sonne aufgehen über Böse und Gute und lässt regnen über Gerechte und Ungerechte.“ (Matt 5,45) …….
Das heißt nicht, dass theologisch nichts zur Flut zu sagen wäre. Die Bibel bezeugt Gott als Schöpfer, der den Chaosmächten, den Ur-Fluten eine Grenze setzt, um so Leben von Menschen, Tieren, Pflanzen zu ermöglichen. Davon spricht der erste Schöpfungsbericht (1. Mose 1-2,4a), ebenso wie viele Psalmen, etwa Psalm 74,12-17: „Gott ist ja mein König von alters her, der alle Hilfe tut, die auf Erden geschieht. Du hast das Meer gespalten durch deine Kraft, zerschmettert die Köpfe der Drachen im Meer. Du hast dem Leviatan die Köpfe zerschlagen und ihn zum Fraß gegeben dem wilden Getier. Du hast Quellen und Bäche hervorbrechen lassen und ließest starke Ströme versiegen. Dein ist der Tag und dein ist die Nacht; du hast Gestirn und Sonne die Bahn gegeben. Du hast dem Land seine Grenze gesetzt; Sommer und Winter hast du gemacht.“

Wie begegnet Gott dem Propheten Elia?
Als letztes kommt ein säuselnder Wind, sanft und kaum wahrnehmbar und genau hierin entdeckt Elia Gott. Er hört, bedeckt sein Gesicht und tritt Gott entgegen. Elia begreift, dass Gott auch im Verborgenen und Schwachen mächtig wirken kann. Anders als der Wettergott Baal muss er sich nicht durch Stürme und Blitze beweisen, obwohl er das als Herr der Schöpfung zweifelsfrei kann. Sondern er ist auch und gerade in den leisen Tönen gegenwärtig. Und er ist ein Gott des Wortes. Durch sein Wort hat er alles geschaffen, durch sein Wort regiert er die Welt und durch sein Wort kommt er auch zu den Menschen. In lauten wie in leisen Tönen.
Mit dieser Gottesbegegnung sind noch nicht alle Fragen Elias beantwortet. Indirekt hat er etwas von Gott gespürt, und er hat dem Propheten Zeit und Möglichkeit gegeben, wahrzunehmen, zu spüren, bei sich und bei ihm zu sein. Manchmal geht es nicht darum, sofort Antworten auf dem Präsentierteller serviert zu bekommen. Es muss sich manches im Leben mir erst erschließen, sowohl Positives wie auch Negatives. Und nur wenn es sich mir selbst erschlossen hat, ich meinen Platz in den Fragen der Zeit finde, bin ich überhaupt erst in der Lage, die nächsten Schritte zu gehen.
Wie begegnet uns also heute Gott? Im Sturm, in den Fluten? Oder in dem aufopfernden, hilfsbereiten, Engagement Vieler, die von eigenen Bedürftigkeiten absehen und dem helfen, der es gerade nötiger hat?

Dr. Thorsten Latzel:
„… Gott ist ein schöpferischer Gott, der Raum für Leben schafft und die urzeitlichen Chaosmächte bekämpft, die dieses Leben gefährden. Wenn man die Unwetter theologisch interpretieren will, dann doch eher so: Sind wir Menschen mit unserer Konsum- und Lebensweise selbst zu einem Leviathan, einem urzeitlichen, mythologischen Ungeheuer geworden, das den Bestand des Lebensraumes von Menschen, Tieren, Pflanzen bedroht? Entfesseln wir mit unserer Lebensweise zerstörerische Kräfte, die Gott als Schöpfer gerade eingehegt hat? Auch hier formuliere ich bewusst mit Vorsicht. Einen „deus ex machina“ halte ich auch mit ökologischen Vorzeichen für verkürzt. Und auch mit politisch richtiger Nachhaltigkeitsperspektive kennen wir nicht den „Masterplan Gottes“. Wie Gott in der Geschichte handelt, bleibt uns letztlich verborgen. Wir wissen aber um die Liebe Gottes zu allen seinen Geschöpfen – eine kreative, kämpferische, mitleidende Liebe. Eine Liebe, die keine Chaosfluten schafft, sondern sie im Gegenteil verhindert.“

Es tut Elia gut, zu wissen, dass Gott auch im Leisen, im Verborgenen wirkt, aber das reicht ihm nicht. Elia will wissen, wie es weitergeht.
Wie Gott der Welt umher begegnet.
Nun fragt erst Gott Elia noch einmal. „Elia, was hast du hier zu tun?“ Erneut bekommt er von Elia die Antwort: Ich habe alles für dich getan, doch Israel will nicht zu dir umkehren und trachtet mir nach dem Leben.
Elia scheint noch keinen Schritt weiter zu sein. Der Gedanke, alles gegeben zu haben und doch nichts in der Hand, noch nicht einmal das eigene Leben, beschäftigt ihn sehr.
Wie kann das sein, dass er immer noch so leiden soll?

Er bekommt eine Antwort von Gott. Denn das, was Gott am Ausgang dieser Begegnung mit Elia zu ihm sagt, ist die Ankündigung, dass das unbeugsame Volk durch das Handeln Gottes und Elisas, des auf Elia nachfolgenden Propheten, leiden und sterben wird.
Gerne wird der letzte Teil in der Begegnung von Elia und Gott weggelassen. Er kündigt an, was in weiteren Kapiteln des ersten und zweiten Königebuches geschehen wird: Kriege mit Syrien, Thronstreitigkeiten und Intrigen, die nach und nach alle Baals-Verehrer das Leben kosten werden. Kriege, bei denen
erneut der Ratschlag Gottes ausgeschlagen wird und seine Propheten missachtet werden. Schwer zu sagen, ob der Tod der Baals-Anhänger Strafe Gottes oder logische Konsequenz aus dem eigenen Verhalten ist. Lange hat Gott zugesehen und Warnungen ausgesprochen – doch vergeblich. Der Tod der Rädelsführer ist letztendlich unausweichlich.
Und am Ende? Am Ende steht trotz allem die Gnade Gottes und sein Erbarmen: 7000 Israeliten werden überleben. Ein Rest wird übrig bleiben, mit dem Gottes Weg weitergeht.
Da hat Elia nun seine Antwort. Gott hat ihm Einblick in das zukünftige Geschehen, in den Fortgang der Geschichte gegeben.
Gott begegnet also auch im Kampf, im Unglück, in der Strafe, im Tod?
Was nehmen wir dann mit für unsere Zeit, unser Leben, die Katastrophen dieser Tage und die Frage: Wie begegnet uns Gott?

Liebe Gemeinde,
ich habe lange überlegt, ob ich Ihnen diesen letzten Abschnitt nicht vorenthalten sollte. Wer spricht schon gerne von Strafe und Tod? Wie viel schöner wäre es doch, allein damit zu schließen, dass Elias Burnout überwunden ist und er wieder Frieden in Herz und Seele
findet; davon dass Gott sich um die Seinen sorgt, nach uns fragt und auch in leisen Tönen wirkt und gegenwärtig ist. Doch dann würde ich Ihnen auch die Gnade Gottes vorenthalten, die dennoch über allem Geschehen steht und seine Treue zu seinem Volk. Eine Gnade und ein Erbarmen, die sich durch die gesamte Geschichte Gottes mit Israel und der Menschheit ziehen und die für uns Christen in seinem lebendigen Wort Jesus Christus ganz besonders manifest wird. Eine Gnade und Barmherzigkeit Gottes, auf die wir vertrauen und hoffen dürfen.

So endet das Schreiben von Präses Dr. Thorsten Latzel:
„Sinnbild für eine Liebe, die keine Chaosfluten schafft, sondern sie im Gegenteil verhindert, ist für mich Christus als leidender Schöpfungsmittler am Kreuz.“
„Der Gekreuzigte im Schlamm der Überschwemmung. Für mich ist Gott genau dort gewesen – mitten im Schlamm der Überschwemmung, auf der Seite der leidenden Menschen, wie seit Urzeiten im Kampf gegen die Chaosmächte.“

Und er beschreibt, wie er ein Kruzifix gesehen hat, dass eine Frau in Trier-Ehrang beim Aufräumen in den Trümmern fand und sichtbar am Straßenrand aufstellte.
Im leidenden Jesus von Nazareth begegnet uns Gott, der mitleidet. Im auferstandenen Christus Gott, dessen Liebe größer ist und weiter reicht, als unser Verstehen und unser Herz.
Vieles davon hat schon König David in einem Psalm bedacht und ich möchte nicht mit meinen, sondern mit seinen Worten schließen (aus Psalm 103): „Der HERR schafft Gerechtigkeit und Recht allen, die Unrecht leiden. Er hat seine Wege Mose wissen lassen, die Kinder Israel sein Tun. Barmherzig und gnädig ist der HERR, geduldig und von großer Güte. Er handelt nicht mit uns nach unsern Sünden und vergilt uns nicht nach unsrer Missetat. Denn so hoch der Himmel über der Erde ist, lässt er seine Gnade walten über denen, die ihn fürchten.“

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.
Andrea Stangenberg-Wingerning