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Taufbecken unterhalb des Kölner Doms aus dem 5. Jh. n. Chr. © Hans-Peter Schaefer – wikimedia

Taufe – früher und heute

Taufe in der Bibel

(Wen) In biblischen Zeiten gab es noch keine Kindertaufe. Die biblischen Texte des Neuen Testaments, in denen uns Taufe als Thema begegnet, beziehen sich auf Erwachsene. Es gibt drei zentrale Texte zur Taufe. Vor dem Hintergrund, dass selbst eingefleischten Kirchenmitgliedern und sogar manchen Pfarrerinnen und Pfarrern heute nicht mehr ganz klar zu sein scheint, was Taufe inhaltlich bedeutet, ist es ratsam einen Blick in diese Texte zu werfen.

Der erste der drei Texte erzählt von Johannes dem Täufer, dem Vorläufer, Wegbegleiter und Verwandten Jesu. Er ist der erste, der tauft und dabei auf Jesus verweist. Von ihm heißt es in Matthäus 3, 1 ff.: „Johannes predigte in der Wüste von Judäa und sprach: Kehrt um, denn das Himmelreich ist nahe herbeigekommen! Denn dieser ist‘s, von dem der Prophet Jesaja gesprochen und gesagt hat (Jesaja 40,3): »Es ist eine Stimme eines Predigers in der Wüste: Bereitet dem Herrn den Weg und macht eben seine Steige!« … Da gingen zu ihm hinaus Leute von Jerusalem, ganz Judäa und dem gesamten Jordangebiet und ließen sich taufen von ihm im Jordan und bekannten ihre Sünden. Als er nun viele Pharisäer und Sadduzäer zur Taufe kommen sah, sprach er zu ihnen: „…Seht zu, bringt rechtschaffene Frucht der Umkehr!“ Die Taufe des Johannes steht also ganz im Zeichen der Umkehr. Es geht um eine neue Existenzweise durch die Zugehörigkeit zu dem mit Christus anbrechenden Gottesreich und eine damit verbundene entsprechende Umkehr (Umkehr zu Gott und Verhaltensumkehr gegenüber den Menschen).

Ein anderer bedeutsamer Text für die Taufe ist im Matthäusevangelium, Kap. 28 zu finden – oft fälschlicher Weise als „Missionsbefehl“ bezeichnet. De facto ist er eine Art Vermächtnis des Auferstandenen an seine Jüngerschaft – Worte, die ihnen „anbefohlen“ (= ans Herz gelegt) werden. Dort heißt es: „Und Jesus trat herzu, redete mit ihnen und sprach: Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden. Darum gehet hin und lehret alle Völker: Taufet sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes und lehret sie halten alles, was ich euch anbefohlen habe. Und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.“
Was bedeutet hier die Formulierung „Taufet… auf den Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes“? Es ist Hineinnahme in den Bund mit Gott und Zugehörigkeit zur Gemeinschaft derer, die Christus wie die Jünger nachfolgen. Es geht also dort um Nachfolge. Die Taufe ist damit einerseits Zuspruch des Bundes mit Gott und zugleich Anspruch. Die Menschen sind mit ihr „angesprochen“, nachzufolgen durch entsprechendes Verhalten etc. Darüber hinaus ist damit im Text zugleich ein anderer wichtiger spiritueller Gedanke ausgedrückt: in der Taufe und Nachfolge der Menschen auf Jesu Fußspuren lebt der Auferstandene weiter!

Der dritte zentrale Text begegnet uns im Römerbrief 6, 3-8. Dort schreibt der Apostel Paulus an die Christen in Rom etwas schwer verständlich: „Wisst ihr nicht, dass alle, die wir auf Christus Jesus getauft sind, die sind in seinen Tod getauft? So sind wir ja mit ihm begraben durch die Taufe in den Tod, auf dass, wie Christus auferweckt ist von den Toten durch die Herrlichkeit des Vaters, so auch wir in einem neuen Leben wandeln. Denn wenn wir mit ihm zusammengewachsen sind, ihm gleich geworden in seinem Tod, so werden wir ihm auch in der Auferstehung gleich sein. Wir wissen ja, dass unser alter Mensch mit ihm gekreuzigt ist, damit der Leib der Sünde vernichtet werde, sodass wir hinfort der Sünde nicht dienen. Denn wer gestorben ist, der ist frei geworden von der Sünde. Sind wir aber mit Christus gestorben, so glauben wir, dass wir auch mit ihm leben werden.“ Taufe versteht Paulus also als Sterben und Auferstehen (Neuwerden) mit Christus – also als Befreiung aus der Existenzform der Sünde – und den Eintritt in eine andere Existenzweise: Gemeinschaft mit dem Auferstandenen als Hoffnungsgemeinschaft.

Resümee zu den biblischen Texten: So unterschiedlich die Verständnisse von Taufe und der Sprachgebrauch im Einzelnen sein mögen, gemeinsam haben sie, dass Taufe eine neue Lebensqualität bringen soll, mit einer veränderten Existenzform oder Existenzperspektive verbunden ist. Gemeinsam haben sie ebenso, dass Taufe immer Zuspruch durch Gott und Anspruch von Gott auf unser Leben ist.
Bei der Taufbeauftragung durch Jesus, wie sie uns im Matthäusevangelium begegnet, die auch bei Taufhandlungen im Gottesdienst gelesen wird, geht es zudem um die Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft – nämlich zur Gemeinschaft der Getauften, die auch so leben wollen und sollen, wie es ihnen durch Christus nahegelegt wurde. Bei Taufe geht es so gesehen immer auch um eine Sammlung von Menschen zu einer Gemeinschaft, die im oben beschriebenen Sinne gemeinsam unterwegs ist. In der christlichen Taufe ist der Ritus damit nie Selbstzweck oder seine inhaltliche Dimension einfach austauschbar oder irrelevant.

Taufe im weiteren Verlauf
der Geschichte

Die Kirchenordnung (Kirchengesetzsammlung) der Evangelischen Kirche im Rheinland hält, so wie die übrigen Landeskirchen, namentlich und ausdrücklich die Mitgliedschaft in der Kirche als eine Konsequenz der Taufe fest und geht dabei auf eine lange Tradition seit der Alten Kirche zurück. Die Kirche (griechisch: Ecclesia, zu deutsch „Versammlung“) verstand sich als die Sammlung von Menschen, die im Sinne der Taufe, also der Nachfolge Christi gemeinsam unterwegs sind. Sehr bald begründete die Taufe schon in der Alten Kirche die Mitgliedschaft in der Kirche.

Die Kindertaufe gibt es in der Alten Kirche erst seit dem 2. Jahrhundert und sie wird schriftlich erst im 3. Jh. als gängige Praxis bezeugt. Das wurde sie erst nachdem Theologen die Theorie der sogenannten Erbsünde entwickelt hatten. Denn nur bei einem sündigen Menschen bzw. einem Menschen, der das Bewusstsein eines Sünders hatte, machte die Taufe als Eintritt in einen Bund mit Gott und eine andere Existenzform bis dahin einen Sinn. Das Bewusstsein mit Gott durch Christus versöhnt zu sein, im Reinen zu sein, also Frieden mit Gott zu haben und mit Hoffnung auf das künftige Leben zu schauen, wenn man so will, führte sie zu diesem Schritt.

Wie sah das dann in der Reformation im 16. Jh. aus? Im Verständnis von Luther war bzw. ist die Taufe nicht ein menschlicher Ritus, sondern ein Akt Gottes selbst, den wir als Kirche lediglich rituell nachvollziehen. Es ist Akt der Gnade Gottes, der sich dem sündhaften Menschen zuwendet und ihn in die befreiende Hoffnungsgemeinschaft Christi beruft.
Der bald durch die Reformation eingeführte Konfirmandenunterricht, den es so vorher gar nicht gab, war nichts als ein nachgeholter Taufunterricht. Er sollte den als Kleinkind getauften Christen helfen, sich später bewusst für diese Gemeinschaft zu entscheiden und zur eigenen Taufe „Ja“ zu sagen.

Somit hatte es eine Logik, dass Menschen, die ihre Kinder taufen ließen, von Anbeginn des zweiten Jahrhunderts der Alten Kirche bis heute selbst Mitglied der Kirche waren und für ihre Kinder stellvertretend das „Ja“ zur Taufe gesprochen haben. In der Alten Kirche, noch bevor sie Staatskirche wurde, war das so und im Römischen Reich nach der Konstantinischen Wende, im Mittelalter, in der Reformation und der Neuzeit, in der Aufklärung und nach der Aufklärung ist das bis heute in der Regel so geblieben.

Und heute?

Das stellvertretend gesprochene „Ja“ der Eltern und Paten zur Taufe der Kinder bezog sich grundsätzlich auf die oben genannten (biblischen) Charakteristika der Taufe und insbesondere auf die Bereitschaft zu einer christlichen Erziehung der Kinder. Immer mehr begegnet es uns heutzutage aber, dass Eltern in der Taufe ihrer Kinder lediglich eine Art magisches Schutzzeichen Gottes sehen, was sie nie war. Auch kommt es zunehmend vor, dass Eltern die Taufe für ihre Kinder begehren, obwohl weder Vater noch Mutter Mitglied der Evangelischen Kirche oder überhaupt einer Kirche sind.

Die Kirchenleitung der Evangelischen Kirche im Rheinland hat festgestellt, dass es nicht nur zunehmend Kirchenaustritte gibt, sondern im Jahr 2019 z. B. auch stark rückläufige Taufzahlen. Unabhängig von der Frage, ob dies vielleicht eher auf Corona zurückzuführen ist, meinte sie offenbar, aktiv werden zu müssen und hat auf mehreren Ebenen Initiativen angeschoben, die an diesem Punkt Abhilfe schaffen und Taufe wieder thematisieren und „attraktiv“ machen sollen. Auch auf der Ebene unseres Kirchenverbandes Köln und Region hatte sich eine Tauf-Arbeitsgemeinschaft gegründet, die vor allem auch angetreten ist, Hindernisse zur Taufe aus dem Weg zu räumen und Taufe als Event zu gestalten. Als Hindernis sah man auch einen Paragraphen, der es nur in Ausnahmefällen gestattet, dass Kinder getauft werden können, wenn weder Vater noch Mutter einer christlichen Kirche angehören. Die Abschaffung des Paragraphen käme jedoch einer Bankrotterklärung der Kirche gleich, ist dies doch eine nun schon 2000 Jahre selbstverständlich währende Voraussetzung (siehe oben). Anbiederung an einen Zeitgeist religiöser Indifferenz und Spracharmut sowie Scheu vor Dialog und mangelnde Bereitschaft der Auseinandersetzung mit (inneren) Konflikten ist auch nicht das, was Menschen von einer Kirche erwarten, die ernsthaft und freudig zugleich in die Nachfolge Christi ruft. Außerdem lässt der bestehende Paragraph ja Ausnahmen zu.

Taufe ist natürlich auch ein Event oder Familienevent, aber sie geht darin nicht auf. Auch da, wo wir als Kirche den Eventcharakter in den Vordergrund stellen und mit spektakulären Aktionen verbinden (Taufe im Swimming-Pool etc.), locken wir die Menschen damit auf eine falsche Fährte und lenken vom Wesentlichen ab und das ist und bleibt die Einladung in eine bewusst andere Lebensweise und in eine Hoffnungsgemeinschaft, die mit Gott und Christus gemeinsam unterwegs ist. Diese andere Lebensweise wäre angesichts heutiger globaler Herausforderungen und eines fortdauernden Wirtschaftsfundamentalismus über den unsere Identität fast ausschließlich geprägt wird, nach wie vor von fulminanter, existentieller Bedeutung. Ein Kind zur Taufe zu bringen bedeutet: dazu den Weg zu weisen, bis es sich einmal selbst entscheidet.

Dazu erfahren Sie in der Juni-Ausgabe der IMPULSE mehr, und können es jetzt schon auf unserer Gemeindehomepage lesen:

https://www.kirchengemeinde-
rath-ostheim.de/begleitung/
taufe/